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Holzlager: mögliche Gefahr für umliegende Waldgebiete

Ein holzverarbeitender Betrieb lagert große Mengen Fichten- und Kiefernrundholzes in Rinde, zum Teil von Borkenkäfern befallen, neben dem Werk. Welche Konsequenzen hat das für den benachbarten Wald?

In einem Freilassung-Wiederfang-Experiment wurde die Ausbreitung des Buchdruckers vom Rundholzlager in die umliegenden Fichtenwälder untersucht. Ein Teil der ausfliegenden Buchdrucker reagierte nicht auf die massiven Pheromonquellen direkt am Freilassungspunkt, sondern wurde erst nach längerem Flug angezogen.

Zwar liegen gute Daten über das ausgedehnte Flugvermögen des Buchdruckers (Ips typographus) vor, in wieweit die Fähigkeit einzelner Käfer zum Wandern tatsächlich zu einer Massenvermehrungen in Waldbestände der Umgebung führen kann, ist hingegen nicht auf einer soliden Datenbasis zu beantworten.

Deshalb wurde dies an einem konkreten Problemfall untersucht: Ein holzverarbeitender Betrieb lagert große Mengen an Fichten- und Kiefernrundholz in Rinde, von dem ein Teil von Borkenkäfern befallen war. Das Lager befindet sich im Talboden neben dem Werk, die Hänge sind bewaldet, darunter auch mit einigen sekundären Fichtenreinbeständen. Nachdem in mehreren Beständen der direkten und weiteren Umgebung Stehendbefall durch Buchdrucker auftrat, wurde ein Zusammenhang mit dem Lager diskutiert.

Pheromonfallen gegen Ausbreitung

Das Werk traf gegen die Käferausbreitung folgende Maßnahmen: Zum Massenfang von Borkenkäfern wurde auf dem Lagerplatz im Umfang von 500 m ein engmaschiger Gürtel von 16 mit Pheroprax® und sieben mit Chalcoprax® (BASF, Deutschland) beköderten Schlitzfallen errichtet.

Auf der SW-Seite wurde ein pheromonbeködertes StoraNet® (BASF) als Barriere (4 m hoch, 60 m lang, Distanz zum Boden 1 m) errichtet, zusätzlich wurden ab Ende Juli 2012 mehrere TriNet®-Fallen (BASF) aufgestellt. Letztere Methoden basieren auf der Verwendung von Kunststoffnetzen, die das Pyrethroid α-Cypermethrin dosiert abgeben und so eine kontaktinsektizide Wirkung haben.

All diese Maßnahmen können keinen vollständigen Schutz bieten. Um zu untersuchen, wie viele Käfer vom Lager in die umliegenden Waldgebiete abwandern könnten, wurde ein Freilassung-Wiederfang-Experiment mit markierten Buchdruckern durchgeführt (Bild siehe oben rechts).

Markierung, Freilassung und Wiederfang

Vier vom Buchdrucker befallene 4 m-Fichtenbloche wurden am 4. Juli 2012 von einem benachbarten Waldstück auf den Lagerplatz transportiert. Auf zwei Seiten befanden sich die Rundholzpolter, auf einer Seite die Fahrstraße, die vierte Seite war zum aufgespannten Insektizidnetz offen (Entfernung ca. 20 m). Stichproben zeigten, dass sich Puppen und Jungkäfer in den Brutsystemen befanden, erst wenige Käfer hatten sich ausgebohrt. Zur Markierung wurde die Rindenoberfläche der Stammstücke dicht mit einem pulverigen Fluoreszenzfarbstoff eingerieben (Abbildung 1).

Grün markierte Baumstämme
Abbildung 1: Mit fluoreszierendem Pulver behandelte Stämme. Beim Ausbohren kontaminieren sich die Käfer mit dem Farbstoff, die Markierung wird unter UV-Licht sehr gut sichtbar.

Beim Ausbohren aus dem behandelten Brutstamm werden die Käfer mit dem Farbstoff kontaminiert und so markiert. Unter UV-Beleuchtung werden diese auch bei geringen Farbstoffmengen sichtbar. Diese Methode wurde uns von Axel Schopf von der Universität für Bodenkultur Wien vorgestellt.

Zum Wiederfang der Käfer wurden zusätzlich zu den Fallen am Lager fünf mit Pheroprax® beköderte Schlitzfallen auf Waldstandorten aufgestellt (Abbildung 2). Um zu verhindern, dass Käfer in der Falle die Markierungsfarbe abstreifen oder sich damit gegenseitig kontaminieren konnten, wurden die Fangbehälter mit kleinen Stücken vom StoraNet® begiftet. Die markierten Käfer wurden gezählt, die Gesamtmenge der Käfer pro Fallenfang wurde nach stichprobenweiser Auszählung durch Volumsmessung abgeschätzt.

Rund 2% der ausgebohrten, markierten Buchdruckern wiedergefangen

Von den 5718 ausgebohrten (ermittelt durch stichprobenweise Auszählung von Ausbohrlöchern), markierten Buchdruckern wurden in den Pheromonfallen insgesamt 109 Stück wiedergefangen, davon sechs Käfer in der Umgebung und 103 Käfer im Fallengürtel um das Lager. Der überwiegende Teil der markierten Käfer (zwei in der Umgebung und 80 am Lager) wurde bei der ersten Kontrolle der Fallen entdeckt.

Skizze vom Lagerplatz
Abbildung 2: Anzahl wiedergefangener, markierter Buchdrucker in den Fallen um das Lager und in Fallen in der Umgebung sowie Versuchsanordnung mit Lage der markierten Stämme (Freilassungspunkt), der Fallen und der Rundholzpolter (nichtmaßstäbliche Skizze). Fallen in der Umgebung sind grün gezeichnet (Gesamtzahl markierter Käfer in fett, Zahl je Kontrolltermin in Klammer), Fallen am Lager in hellrot (Gesamtzahl markierter Käfer).

Es gibt keinen Hinweis auf eine bevorzugte Ausbreitungsrichtung der Buchdrucker (Abbildung 2). Alle Fallen bis auf W2 fingen einen oder zwei markierte Käfer auch in der am weitesten entfernten Falle O3 (in 995 m Entfernung) wurde bei der ersten Leerung ein markierter Käfer gefunden. Im Fallengürtel um das Lager wird hingegen eine deutlich ungleichmäßige Verteilung der wiedergefangenen Buchdrucker sichtbar: 72 Käfer (70 % des Wiederfanges am Lager) wurden in den drei dem Freilassungspunkt nächstgelegenen Fallen gefangen. Nur wenige markierte Käfer gingen in die Fallen auf der gegenüberliegenden Seite der Rundholzpolter (zwei markierte Käfer in den vier Fallen auf der Nordostseite).

Buchdrucker großteils im Nahbereich gefangen

Der Großteil (94,5 %) der markierten Buchdrucker wurde im Fallengürtel um das Lager gefangen, 5,5 % gingen in die Fallen der Umgebung in 420 bis 995 m Entfernung. Dies bezieht sich allerdings auf nur rund 1,9 % der insgesamt freigelassenen markierten Buchdrucker (1,8 % wurden am Lager und 0,1 % in der Umgebung gefangen). Entsprechend vorsichtig sind diese Ergebnisse zu interpretieren.

Was passierte mit den 98,1 % der Käfer, die von uns nicht wiedergefangen wurden? Es gab eine Vielzahl natürlicher Pheromon- und Kairomonquellen am Rundholzlager sowie in der Umgebung. Am Lager befand sich käferbefallenes Holz, außerdem wurde alle vier Wochen frisches Holz eingelagert. In den Wäldern der Umgebung gab es aktive Buchdrucker-Befallsnester sowie zahlreiche, gewiss teils attraktive Fichten.

Die nicht wiedergefangen Käfer könnten sich in berindete Bloche am Lager eingebohrt haben oder in die Insektizidnetze geflogen und folglich abgestorben sein, manche könnten natürlicher Mortalität (wie z.B. Räuber) erlegen sein. Und ein Teil wird in die Umgebung abgewandert sein, ohne in eine der fünf Pheromonfallen zu gehen, nicht zuletzt, weil die Distanz zwischen den Fallen in der Umgebung groß war.

Der Pheromonfallengürtel um das Lager war hingegen eng gezogen, bei einem Umfang von etwa 500 m deckte jede Falle eine Länge von durchschnittlich 32 m ab. Folgen wir der Annahme von Duelli et al. (1997), dass der Attraktionsradius einer Pheromonfalle bei 20 m liegt, hat kein Buchdrucker das Lager verlassen, ohne mit Pheromonen in Kontakt gekommen zu sein.

Käfer, die in die Umgebung migrierten, haben also die Lockstoffe kurz nach dem Ausflug aus dem Brutstamm ignoriert. Diese 5,5 % unserer wiedergefangenen Käfer sind erst nach einem Flug von mehreren hundert Metern von den Lockstoffen angezogen worden.

Buchdrucker haben ein gutes Flugvermögen: In Laborstudien mit Flugmühlen flog ein Viertel der Individuen über eine Stunde. Bei einer Geschwindigkeit von 5 m/s würde das einen Käfer 18 km weit bringen (Forsse und Solbrek 1985). Um allerdings einen Stehendbefall erfolgreich initiieren zu können, muss die Zahl von Käfern hoch genug sein, was bei weit gewanderten Tieren nicht der Fall sein wird, es sei denn es gäbe vor Ort eine lokale Population.

Konsequente Waldhygiene

Wenn auch der überwiegende Teil der ausfliegenden Buchdrucker am Holzlager verblieben sein oder sich im Fallengürtel gefangen haben dürfte, so müssen wir doch davon ausgehen, dass bei mehreren tausend eingelagerten Festmetern nicht unerhebliche Mengen von Käfern abwandern. Ob diese für die Fichten eine Gefahr darstellen, wird davon abhängen, wie viel bruttaugliches Material sich vor Ort befindet und wie hoch die lokale Käferpopulation ist.

Wenn man bedenkt, dass unter natürlichen Bedingungen 30 % des neuen Befalles zwischen 100 und 500 m Distanz zum Vorjahresbefall auftraten (Kautz et al. 2011), ist den Fichtenbeständen in dieser Zone um das Lager vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen: Das konsequente Entfernen des bruttauglichen Materials und die Bekämpfung des lokalen Käferbefalls sollen den allenfalls vom Lager einwandernden Käfern keine geeigneten Voraussetzungen zur Initiierung von Stehendbefall bieten.

Dieses Experiment wurde aufgrund des aktuellen Problemfalles ad hoc durchgeführt. Daraus ergaben sich einige methodische Unsauberkeiten, die eine Wiederholung des Versuches wünschenswert erscheinen lassen. Aber auch diese vorläufigen Ergebnisse scheinen uns von Interesse.

Danksagung

Dank an Univ.-Prof. Dr. Axel Schopf und DI Veronika Wimmer (Universität für Bodenkultur Wien) für die Einführung in die Methode der Markierung, an die MitarbeiterInnen des Betriebes und der betroffenen Bezirksforstbehörde.

Literatur

Ist beim Autor erhältlich. Artikel ist eine gekürzte Fassung aus Forstschutz Aktuell 57/58.