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Sexualität vs. Asexualität: Bedeutung des Reproduktionsmodus für die Verbreitung von Arten

Im Rahmen eines FWF-Projekts untersucht das Institut für Waldgenetik die Bedeutung, die das Reproduktionssystem für die geografische und ökologische Verbreitung von Arten hat.

In der Gattung Crataegus (Weißdorn) und in mehreren Sorbus-Arten (Mehlbeere und Verwandten) sowie einer Reihe von krautigen Arten der heimischen Flora tritt neben Sexualität auch asexuelle Samenproduktion – auch Apomixis oder Agamospermie genannt – auf.

Die sexuellen und apomiktischen Formen zeigen meist auffällig unterschiedliche räumliche Verbreitungsmuster sowohl großräumlich auf geografischem Maßstab als auch kleinräumig auf Populationsniveau. Die Verbreitungsmuster sind das Ergebnis des Zusammenwirkens von drei prinzipiellen Faktoren: der Migration (nacheiszeitliche Ausbreitung aus Refugialgebieten), den Habitatpräferenzen oder -toleranzen, sowie Interaktionen zwischen den reproduktiv differenzierten Formen. Im vorliegenden Projekt wird die Verbreitung sexueller und apomiktischer Formen im Modellorganismus Potentilla puberula (Rosaceae) untersucht. Die Art besitzt ein dem Weißdorn und den Mehlbeer-Verwandten sehr ähnliches Reproduktionssystem, eignet sich jedoch aufgrund ihrer kurzen Generationszeiten wesentlich besser für die experimentelle Forschung.

In einem Nord-Süd-orientierten Transsekt durch die Ostalpen, der 150 Populationen umfasst, quantifiziert das Institut für Waldgenetik gegenwärtig die relativen Beiträge von Migration ausgehend von pleistozänen Eiszeitrefugien, der ökologischen Standortseigenschaften, sowie von Mustern des gemeinsamen Auftretens zum gegenwärtigen Auftreten der Formen. „Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die reproduktive Differenzierung mit ökologischer Differenzierung und insbesondere gegenseitigem räumlichen Ausschluss der Formen einhergeht. Migration hingegen, spielte nur eine geringe Rolle als erklärender Faktor“, fasst Christoph Dobes seine bisherigen Ergebnisse zusammen.

In einem zweiten Forschungsschwerpunkt geht es um die Identifikation jener Prozesse, die den beobachteten starken gegenseitigen räumlichen Ausschluss der reproduktiv differenzierten Formen bewirken. Konkret wird das Auftreten bewertet und das Ausmaß der gegenseitigen Unterdrückung der Formen („minority cytotype exclusion“), reproduktive Transformation der Sexuellen durch die Apomikten (Apomixis als erbliche invasive Größe) sowie Konkurrenz über unterschiedliche Fitness in unterschiedlichen ökologischen Situationen mit Hilfe von eigens entwickelten Computersimulationen.

Das Projekt ist in hohem Maß interdisziplinär ausgerichtet und vereint die Expertise von WissenschaftlerInnen aus den Gebieten der Biogeografie, Vegetationsökologie, Biomathematik sowie der Reproduktionsbiologie.

Hypothetisches Modell der nacheiszeitlichen Einwanderung der Modellart Potentilla puberula aus unterschiedlichen alpischen Refugien. Die Kreise stellen beprobte Population dar, deren Größe die relativen „Kosten“ für die Einwanderung.

Eine erste Quantifizierung zeigt, dass die kleinräumigen Muster des Vorkommens sexueller und apomiktischer Formen, den größten Einfluss auf deren gegenwärtige Verbreitung im Untersuchungsgebiet haben. Dies lässt sich am besten mit reproduktiven Interaktionen zwischen ihnen erklären. Die Analyse erfolgt mittels variance partitioning.

Die fünf Balken repräsentieren (v. l.n.r) die Ergebnisse für die sexuellen Individuen sowie jene für vier Typen von Apomikten (mit fünf, sechs, sieben und acht Chromosomensätzen je Zellkern). Nur der erste Typ ist im Untersuchungsgebiet häufig.

Was verbirgt der Weißdorn vor uns? Die Vermehrung heimischer Weißdorne beinhaltet eine verwirrende Kombination aus sexuellen und asexuellen Fortpflanzungsmustern und Kreuzung. Wo Artgrenzen gezogen werden sollen, kann ohne eine detaillierte molekulare Analyse, Morphologie und Phylogenie nicht beantwortet werden. Der vollständige Artikel auf Waldwissen.net