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Alles im Fluss

Auwald im Nationalpark Donauauen mit Wasser und angrenzenden Pflanzen am Ufer

Auwälder sind sensible Ökosysteme, die regelmäßig natürlich überschwemmt werden. Samen von nichtheimischen Pflanzen und Krankheitserreger finden somit Eingang und stellen die Bewirtschaftung vor große Fragen.

Auwälder erfüllen wichtige Ökosystemleistungen: Sie dienen als natürliche Pufferräume entlang der Flüsse, schützen vor Überflutungen und tragen zum Schutz des Bodens bei. Auwälder sind auch sehr produktiv und weisen einen hohen Grad an Biodiversität auf. Daher spielen sie eine wichtige Rolle beim Erhalt der Artenvielfalt, gleichzeitig stehen Auwälder durch nicht nachhaltiges Management, großräumige Umweltveränderungen und Auswirkungen der Globalisierung unter Druck.

Begonnen hat es ab dem Anfang des 18. Jhdts. mit umfangreichen Entwässerungen und den Regulierungen von Gewässern u.a. zum Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser. Derzeit etablieren sich immer wieder nichtheimische Pilze (sogenannte Neomyceten), die meist via Containerschiffe nach Europa gebracht werden und den europäischen Wald verändern.

Baum mit freiliegenden Wurzeln auf einem Kiesstrand am Fluss
Auwälder erfüllen wichtige Ökosystemleistungen. Foto: Petra Rösler

Ulmen- und Eschentriebsterben

Ein großes Ulmensterben setzte ab Beginn des vorigen Jahrhunderts ein. In mehreren Wellen breitete sich der in Europa für Flatter- und Feldulme verheerende Pilz Ophiostoma sp. aus. In seinem Ursprungsgebiet in Ostasien verursacht er aufgrund seiner Angepasstheit weit weniger Schäden. Die häufig vorkommende Bergulme wurde dabei stark reduziert, ist aber nach wie vor fixer Bestandteil von Mischwäldern. Seit einigen Jahren ist die Gemeine Esche von einem aus Japan und China stammenden Pilz bedroht, der das Eschentriebsterben auslöst. Er ist unscheinbar und heißt Falsches Weißes Stengelbecherchen. Inzwischen kann man beobachten, dass etwa ein Drittel der Eschen relativ rasch abstirbt, während ein kleiner Prozentsatz als (weitgehend) resistent gilt. Aus letzterer Tatsache leiten die Wissenschaftler*innen des BFW ab, dass die Esche durch das Triebsterben nicht vollkommen verschwinden wird.

„Allerdings ist mit einem Verlust an genetischer Diversität und daher mit einer Destabilisierung der Eschenpopulationen zu rechnen. Das Bundesforschungszentrum für Wald züchtet im Rahmen der Initiative Esche in Not resistente Stecklinge und Forstpflanzen für die Forstpraxis.“

Heino Konrad, Leiter der Abteilung Ökologische Genetik

Nichtheimische Baumarten nehmen Freiflächen ein

Teile der Auwälder sterben aufgrund dieser Krankheiten ab, und es entstehen lichte Wälder, die ideale Bedingungen für das starke Ausbreiten von nichtheimischen Baumarten, die zu den so genannten Neophyten zählen, schaffen.  Zum Beispiel im Nationalpark Donauauen. Oft auftretende Hochwässer verbreiten die Samen von Götterbaum, Eschenahorn und Amerikanischer Esche rasch und flächig. Diese drei Baumarten gefährden die natürliche Zusammensetzung von Baumarten im Nationalpark.

„Ohne groß angelegte Bekämpfungsmaßnahmen ist zu befürchten, dass es schon mittelfristig zu einer Verdrängung der dort spezifischen Baum- und Straucharten dieses einzigartigen Augebietes kommen wird.“

Georg Frank, Institut für Waldbiodiversität und Naturschutz des BFW

Als Neophyten gelten nur Pflanzen, die natürliche Barrieren nicht von selbst überwinden können. Grenzen können beispielsweise die Alpen sein, die vom Süden her von wärmeliebenden Pflanzen nicht überwunden werden können. Jetzt kommt der Mensch ins Spiel: Er hat seit der Entdeckung Amerikas Nutz- und Zierpflanzen von überall eingeführt, die meisten dieser Arten sind harmlos. Es gibt aber auch Arten, die sich von selbst in ihrer neuen Heimat rasch ausbreiten.

Die Baumart Robinie beispielsweise nutzt jeden frei gewordenen Lebensraum in Rekordzeit. Dabei setzt sie auf mehrere Strategien: Produziere viele Samen! Diese können jahrelang im Boden verbleiben, ohne zu keimen. Sobald genügend Licht da ist, legen sie los. Sie vermehren sich auch vegetativ über Wurzelbrut und Stockausschläge und geben sogar Pflanzengifte ab, damit andere mögliche Konkurrenten am Wachstum gehindert werden.

Zweige und Blätter der Robinie
Die Robinie oder Falsche Akazie nutzt jeden frei gewordenen Lebensraum in Rekordzeit. Foto: BFW

Waldbauexperte Georg Frank vom Institut für Waldbiodiversität und Naturschutz des BFW hat gemeinsam mit Vertreter*innen des Nationalparks Donauauen und den Österreichischen Bundesforsten dazu eine Bekämpfungsstrategie erarbeitet. 

Prozessschutz versus Eingriff

Erkennbar wurde in den dazu begleitenden Diskussionen auch, dass es zwei Konzepte gibt, die im Widerspruch stehen. Eines beinhaltet die Idee des Eingriffs, bei dem die Anteile der Baumarten dem der gewünschten Anteile im Altbestand entsprechen. Beim anderen geht’s um den Prozessschutz, wo die natürlichen Abläufe sich selbst überlassen sind. Überall dort, wo durch forstliche Maßnahmen wie starke Lichtung oder Kahlschlag oder durch natürliche Ereignisse, wie Verlichtung und Absterben von Eschenbeständen durch das Eschentriebsterben, Freiflächen entstehen, können sich nichtheimische Baumarten wie der Götterbaum rasch ausbreiten.

Seine Ausbreitung kann man nur verhindern, indem das Freiflächenklima verhindert. Das bedeutet: kontinuierliche Überschirmung durch Vegetation und den Bestand am besten längere Zeit nicht nutzen. Schließlich einigte man sich darauf, dass kurzfristig und einmalig gezielte Eingriffe erfolgen sollen, um stark zur Selbstausbreitung neigende Gehölze wie Robinie, Götterbaum, Eschenahorn und Amerikanische Esche zurückzudrängen. Rund 90 000 Bäume gehören zu diesen vier Baumarten, ihre Zahl an Stämmen wurde von 4 % auf 1 % im Projektgebiet verringert.

„Die bevorzugte Methode ist die Ringelung: Dabei werden Streifen der Rinde ringförmig entfernt. Die behandelten Bäume werden stark geschwächt, Neuaustriebe müssen aber im Folgejahr entfernt werden, damit die Bäume endgültig absterben.“

Georg Frank, Institut für Waldbiodiversität und Naturschutz des BFW

Naturverjüngung bevorzugt

In den Auwäldern des grenzüberschreitenden Biosphärenreservats Mur-Drau-Donau wird sowohl auf natürliche als auch künstliche Verjüngung gesetzt. Das Projekt REFOCuS setzte vor allem auf die Wiederherstellung gestörter Auökosysteme. Natürlich oder künstlich – vermutlich würden sich viele intuitiv für das Erstere entscheiden. Natürliche Verjüngung funktioniert in Auwäldern am besten für Eichen und Weiden, bis zu einem gewissen Grad auch für Pappeln.

In manchen Fällen setzt man jedoch auf die künstliche Verjüngung, weil die Zusammensetzung der Baum­arten zu stark verändert ist, die Bodenvegetation zu dicht ist oder der Grundwasserspiegel abgesenkt wurde.

„Künstliche Verjüngung wird hauptsächlich verwendet, um alte Auwaldbestände zu regenerieren, durch Schädlinge oder Windwurf gestörte Bestände wiederherzustellen oder neue Auwälder auf kahlen Flächen zu etablieren“

Silvio Schüler, Institut für Waldwachstum, Waldbau und Genetik des BFW

Zeitnahe Maßnahmen zählen

Alle invasiven Neophyten habe eines gemeinsam: Sie werden zu Beginn punktuell eingeschleppt, meist durch Samen an Kraftfahrzeugen oder in den Wald ausgebrachte Gartenabfälle. Danach folgt eine länger dauernde Phase der Etablierung, auf die erst die eigentliche Invasion anschließt – bis zur Sättigung. Bekämpfungsmaßnahmen sind nur dann erfolgreich, wenn sie bereits früh, und zwar in den Phasen der Einschleppung oder Etablierung erfolgen. Spät gesetzte Maßnahmen, wenn sich Neophyten bereits in großer Zahl und auf großer Fläche etabliert haben, sind praktisch nicht mehr zielführend.

Portrait von nichtheimischen Baumarten

Die Bekämpfung erfordert besondere Maßnahmen. Bloßes Umschneiden oder Kahlschlag auf größeren Flächen führt nur zur noch aggressiveren Ausbreitung durch Stockausschläge und Wurzelbrut. Daher müssen die Stämme in Brusthöhe auf einer Länge von ca. 15 cm geringelt werden. Im nächsten Jahr treibt der Baum unterhalb der Ringelung Stockausschläge aus. Diese müssen im Hochsommer, bevor der Baum wieder den Speicher in den Wurzeln auffüllt, entfernt werden. 

Eschenahorn oder Eschenblättriger Ahorn (Acer negundo)

Diese Auwaldbaumart ist in Nordamerika weit verbreitet und kann stark schwankende Wasserstände ertragen. Der kurzlebige Eschenahorn hat ein großes Invasionspotenzial und wächst bevorzugt auf Auböden und Ruderalstandorten wie Schuttplätzen, Müllhalden oder Wegrändern. Die Samenverbreitung erfolgt über Wind und Wasser.

Ast und Blätter des Eschenblättrigen Ahorn
Eschenahorn oder Eschenblättriger Ahorn. Foto: anro0002/ccbysa

Amerikanische Esche (Fraxinus pennsylvenica)

Die Amerikanische Esche, auch Pennsylvanische Esche genannt, hat im Osten Nordamerikas ein sehr weites Verbreitungsgebiet. Sie blüht und fruchtet schon im Alter von wenigen Jahren. Die Samen werden durch Wind, aber auch durch Wasser verbreitet. Gemeinsam mit ihrer Überflutungstoleranz führt dies dazu, dass sie sich in Überflutungsbereichen, wie zum Beispiel in Hochwasserschutzanlagen, die für heimische Auwald-Baumarten nicht geeignet sind, ausbreiten kann.

Zweig und Blätter der Amerikanischen Esche
Amerikanische Esche. Foto: Jerzy Opioła/ccbysa

Götterbaum (Ailanthus altissima)

In Ostasien beheimatet, nach Europa ursprünglich eingeführt zusammen mit dem Ailanthus-Spinner als Seidenraupen-Ersatz. Heute ist diese invasive Art von Bahndämmen, Autobahnbegleitstreifen und Schutt­plätzen nicht mehr wegzudenken.

Blätter und Blüten des Götterbaums
Götterbaum. Foto: 4028mdk09/ccbysa

Linktipps

Projekt „Esche in Not“

Biosphärenpark Mur-Drau-Donau: Projekt REFOCuS