In unserer Verantwortung: Waldböden als lebenswichtige Ressource

Das Jahr des Waldbodens neigt sich dem Ende zu. Karl-Heinz Feger bringt anlässlich des 20. Jubiläums der Kampagne „Jahr des Bodens“ ihre Bedeutung auf den Punkt.
Bei Wald denken die meisten zuerst an Bäume, dann vielleicht an das eine oder andere Tier oder auch an Pilze, die man jetzt im Herbst sammeln kann. Aber wer denkt an den Boden, also den verborgenen unterirdischen Wald? Der Untergrund setzt sich aus einer breiten Vielfalt an Bodentypen zusammen. Allein in Mitteleuropa unterscheiden wir knapp 60 davon! Aus der Vielfalt der Böden ergibt sich ein enormes Spektrum und damit die Voraussetzung für Biodiversität. Rund 25 % der Arten auf der Erde leben im Boden – die meisten davon sind Mikroorganismen wie Pilze. Gleichzeitig stellt eine solche standörtliche Vielfalt eine Herausforderung für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung dar. Neben dem geologischen Ausgangsmaterial, Klima und Relief muss dabei auch der Mensch als Waldnutzender berücksichtigt werden.
Effiziente Kreisläufe im Erdreich
Die allermeisten Ökosystemleistungen sind direkt oder indirekt mit Böden verknüpft. Sie regeln die Kreisläufe des Wassers, der Luft, der organischen und mineralischen Stoffe. Böden filtern und reinigen Wasser. Sie speichern Stoffe und wandeln sie um. In erster Linie sind das die Nährstoffe, die in Wäldern einem effizienten Recycling unterliegen. Bei den Akteuren dieser zentralen und schützenswerten Ökosystemleistung handelt es sich um ein Heer von Mikroorganismen. Schadstoffe sind hier Risikopotential: Denn seit der Industrialisierung kam es in Waldökosystemen durch den Eintrag von Luftschadstoffen zu Boden- und Standortsveränderungen.
Entsprechend ihrer natürlichen Ausstattung reagieren Böden jedoch unterschiedlich auf derartige Belastungen. Beim Klimawandel müssen wir auch an einen veränderten Wasserhaushalt denken. Bekanntlich hängt das Vermögen eines Bodens, der Vegetation Wasser in ausreichender Menge bereitzustellen, von der Wurzelverteilung, aber auch von der Menge und Tiefenverteilung der organischen Bodensubstanz ab. Gesunde, humusreiche Böden können zudem Schadstoffe besser filtern. Nicht umsonst bevorzugen die Wasserversorger Einzugsgebiete mit einem hohen Waldanteil.
Blicken wir auf den Landschaftswasserhaushalt, so sind Böden mit intakter Waldbestockung deutlich besser in der Lage, Wasser während extremer Regenereignisse aufzunehmen, zu speichern und zeitlich verzögert an die Bäche und Flüsse abzugeben. Die Beobachtung der jüngsten, aufeinanderfolgenden Trockenjahre 2018–2020 haben es gezeigt: Aufgrund gleichmäßigerer Grundwasserneubildung unter Wald versiegen Quellen und Bäche auch nach ausgedehnter Trockenheit nicht völlig.
Wald als bedeutender Schutz gegen Naturgefahren
Und die aktuellen Hochwasserereignisse belegen, dass Baumbestockung den besten Schutz gegenüber Erosion bietet. Global betrachtet ist die Erosion, die ja an Starkregenereignisse gekoppelt ist, die größte Bedrohung der Naturressource Boden. Ausgeräumte Ackerlandschaften, aber auch Steilhänge benötigen, wenn nicht einen geschlossenen Wald, so doch zumindest mehr Gehölze.
Waldböden als wichtige Mitstreiterinnen im Klimawandel
Im Kontext des Klimawandels kommt dem Boden als Speicher von Kohlenstoff (C) eine immens wichtige Bedeutung zu. Denn in der organischen Bodensubstanz ist meist deutlich mehr C gespeichert als in der oberirdischen Vegetation. Um ein Beispiel aus dem Wald in Bayern zu geben: Hier sind rund 140 Tonnen pro Hektar im Boden gespeichert, während es in der oberirdischen Biomasse nur knapp 110 Tonnen sind. In Waldböden liegt C im Auflagehumus, aber in noch größerer Menge stabil im Mineralboden gebunden vor. Gerade in Unterböden wird C über lange Zeiträume hinweg festgelegt und damit dem Kreislauf entzogen. Um das Potenzial zu nutzen, verfügen wir mit der Standortskartierung und den inzwischen langjährigen Ergebnissen des Umweltmonitorings über eine wertvolle Grundlage.
Diesen enormen Schatz an Bodenwissen gilt es, noch besser zu nutzen als bisher. Dabei geht es um ein auf umfassende Nachhaltigkeit ausgerichtetes Waldmanagement. Hier können auch länger zurückliegende Erhebungen wertvolle Schätze sein. Das setzt jedoch eine Überführung in die digitale Welt, etwa in GIS-Fachportale, voraus. Und hierbei sind die in der Praxis Tätigen zur aktiven Mithilfe aufgerufen: Denn das tradierte Wissen muss kontinuierlich weiterentwickelt werden, v.a. was die (Neu-)Bewertung von Standortsveränderungen angeht. Gerade in dieser Hinsicht ist die Kampagne „Boden des Jahres“ wertvoll, da sie in den Medien, in der Politik und in der Fachwelt inzwischen große Beachtung findet und damit Bodenbewusstsein auf allen Ebenen schafft – auch in Bezug auf Europa. Dort stellt die Harmonisierung von Bodendaten, vor allem auch die Methoden, nach denen sie gewonnen werden, nach wie vor die größte Herausforderung dar.
Karl-Heinz Feger war bis 2023 Professor für Standortslehre der Forstwissenschaften der TU Dresden und Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft (DBG).
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