Skip to content
CLICK TO ENTER

Bester Schutz: Verständnis und Erfahrungsaustausch

Die Berichte über Waldbrände finden in der heimischen Medienlandschaft oftmals eine große Resonanz. Bei den Einsatzorganisationen kann von einem gesteigerten Bewusstsein für die Besonderheiten bei ihrer Bekämpfung von Waldbränden ausgegangen werden. Bei der Bewirtschaftung der Wälder sind präventive Maßnahmen zur Verminderung der Waldbrandgefahr allerdings noch kein Thema.

Im Hinblick auf die zu erwartenden klimatischen und sozioökonomischen Veränderungen ist in Zukunft mit einer Zunahme der Waldbrandgefahr im Alpenraum zu rechnen. Die Intensität und Dauer von Dürreperioden und Hitzewellen werden die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Waldbränden erhöhen, und auch die Gefahr für die Entstehung von Bränden wird durch eine intensivere Freizeitaktivität und die steigende Gewitteraktivität zunehmen.

In den letzten zehn Jahren häufen sich die meteorologisch bedingten Anomalien beim Auftreten von Waldbränden: 2011 und 2012 hatten wir außergewöhnlich viele Frühjahrsbrände durch ungewöhnlich lange und intensive Trockenperioden, im Sommer 2013 wurde eine Rekordanzahl an Bränden dokumentiert, im Jahr 2015 führte ein extrem trockener Spätherbst zu Vollbränden im Hochgebirge bis Ende Dezember und im Oktober 2021 ereignete sich mit Hirschwang an der Rax der flächengrößte Wald- und Flurbrand in Österreich seit 130 Jahren.

Rauchen gefährdet den Wald

Die Wahrscheinlichkeit der Brandentstehung, das Auslösepotenzial, wird im Wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt: Einerseits ist dies die Boden- bzw. Streufeuchtigkeit, die von den klimatischen Bedingungen (u.a. Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wind) bestimmt wird, andererseits kann ein Brand nur dann entstehen, wenn eine Zündquelle vorhanden ist oder sich das Brennmaterial über die Selbstentzündungstemperatur erhitzt.

In der Regel bedeutet dies, dass ein Blitzschlag als Zündquelle fungiert oder, weitaus häufiger, ein (in-)direkter menschlicher Einfluss stattfinden muss (glimmende Zigarette, heiße Asche oder ein außer Kontrolle geratenes Feuer u.a.). 85 % aller Waldbrände in Österreich werden durch den Menschen ausgelöst, wobei – unter Beachtung einer hohen Dunkelziffer – rund 20 % aller Waldbrände auf achtlos weggeworfene Zigaretten zurückzuführen sind. Hier mangelt es in der Bevölkerung oft am Bewusstsein, die Waldbrandgefahr zu beachten.

Gefahren für den Alpenraum

Die Bergwälder der Alpen erfüllen eine wichtige Schutzfunktion gegen Naturgefahren und stellen zahlreiche Waldökosystemleistungen für die Bevölkerung zur Verfügung. Durch das Auftreten von Waldbränden und den damit verbundenen Naturgefahren kann allerdings die Gefahr von Steinschlag, Muren und Bodenerosion sowie das Anbruchsrisiko für Lawinen in kritischen Gebieten erhöht werden. Durch die zukünftig zu erwartende Änderung des Waldbrandregimes ist es wahrscheinlich, dass die Kosten für die Brandbekämpfung, für Katastrophenschutzmaßnahmen, für die Wiederherstellung von Flächen nach einem Brand und für notwendige präventive Schutzmaßnahmen stark ansteigen werden.

Waldbrände in Österreich bedingen jedes Jahr Kosten und Schäden in Millionenhöhe, wobei die zu erwartenden Beträge mit steigender Waldbrandfläche und Dauer des Waldbrandes exponentiell anwachsen. In einer im Jahr 2020 veröffentlichen Studie werden allein die direkten Kosten für die Brandbekämpfung und für die erforderlichen Maßnahmen zur Wiederbegründung von Brandflächen in der gesamten Alpenregion auf rund 75 Mio. Euro pro Jahr geschätzt (Weißbuch: Waldbrand in den Alpen).

Potenziale von Gefährdungen

Das Gefährdungspotenzial von Siedlungen und kritischer Infrastruktur, die direkt an Waldflächen grenzen, wird sich in Österreich mit einer steigenden Waldbrandgefahr verändern. Bedingt durch die Stadtflucht der Bevölkerung und die steigende Zersiedelung der Landschaft, kommt es zu einer verstärkten Verzahnung von Wald und Siedlungsraum. Die Gefahr intensiver Brände entlang des sogenannten Wildland-Urban-Interface, also dort, wo urbane Räume direkt an Wälder grenzen, wird dabei unterschätzt. Brandereignisse in den letzten Jahren zeigen aber immer wieder (u.a. Wiener Neustadt 2013, Absam 2014, Hallstatt 2018), dass sich Vollbrände bei Windeinfluss kaum kontrollieren lassen und die hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit auch für Menschen und deren Besitz gefährlich werden kann.

Aktionsprogramm Waldbrand

Die Umsetzung eines präventiven, integrierten Waldbrandmanagements ist in Österreich daher dringend erforderlich und umfasst Maßnahmen zur Vorbeugung, Bekämpfung und zur Behandlung von Waldbrandflächen. Dabei müssen auch Fragen zur Anpassung der Waldbewirtschaftung, einschließlich der Nutzung von kontrollierten Abbrenntätigkeiten, und der Umsetzung von Schutzmaßnahmen am Wildland-Urban-Interface diskutiert werden. Der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) initiierte Prozess für ein Aktionsprogramm Waldbrand kann hier wichtige Ansatzpunkte liefern. Dabei haben die Entwicklung und Umsetzung von kurz- und langfristigen Präventionsmaßnahmen große Bedeutung. Dazu zählen auch die Anpassung der Bekämpfungsmaßnahmen an die spezifischen Bedingungen im Alpenraum, das verbesserte Verständnis zu Waldbränden sowie der Erfahrungsaustausch.

Zur Person

Harald Vacik ist außerordentlicher Professor am Institut für Waldbau an der Universität für Bodenkultur (BOKU)

Portraitfoto Harald Vacik
Harald Vacik
Foto: privat

Download & Bestellung

Printausgabe unter bfw.ac.at/webshop erhältlich. Mit unserem BFW Infopaket können Sie ein kostenloses Abo der BFW-Publikationen bestellen. Dies beinhaltet die BFW-Praxisinformation, das Magazin Lichtung und die BFW-Broschüren.