Buchdrucker – Ökologie und integriertes Borkenkäfermanagement (IpsEMAN)
Das Waldfonds-Projekt IpsEMAN (DaFNE) untersuchte einige zentrale Fragen zur Biologie und Ökologie des Buchdruckers (Ips typographus), entwickelte umweltfreundliche Bekämpfungsmethoden weiter, und erarbeitete neue Methoden im Monitoring.
Die derzeit ablaufenden Massenvermehrungen des Buchdruckers (Ips typographus) (Coleoptera, Scolytinae) haben in der Forstpraxis und in der Öffentlichkeit viele Fragen zu Biologie und Ökologie dieses wichtigsten Schadinsekts in unseren Wäldern aufgeworfen. Vieles ist dazu bekannt, dennoch gibt es zu einigen relevanten Themen noch Wissenslücken, nicht zuletzt getrieben durch den Klimawandel und seine Auswirkungen auf Schädling, auf den Wirtsbaum sowie deren Interaktionen. Die Beantwortung dieser Fragen ist auch von großer Praxisrelevanz. Vier große Themenbereiche wurden im Projekt untersucht.
Verhaltensänderung durch hohe Herbsttemperaturen
In diesem Projektteil widmeten sich die beteiligten Forscher:innen der Auslösung der Entwicklungsruhe des Buchdruckers im Spätsommer und Herbst. In Experimenten im Labor sowie im Freiland wurde die Wirkung unterschiedlicher Temperaturen und Tageslängen getestet. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass warme Bedingungen im Spätsommer und Herbst keine Entwicklungsruhe induzieren. Unter Laborbedingungen bei Tageslichtlängen wie im August und September blieben die Käfer bei 25 °C und 21 °C aktiv, während 17 °C bei Oktober-Tageslängen die Entwicklungsruhe induzierten. Die Ergebnisse der Freiland-Untersuchungen zeigten, dass bei Tagesmaximum-Temperaturen zwischen 22 °C und 26 °C Flug und Fortpflanzung auch noch im Oktober möglich sind. Unter Klimawandelbedingungen verlängert sich also die Aktivität des Buchdruckers und damit die Zeit erhöhten Forstschutzrisikos deutlich in den Herbst.
Abwehrstrategien der Fichte
In einem weiteren Projektteil untersuchte man die molekulare Basis der Abwehr der Fichte gegen Borkenkäfer. Dazu wurden in einem Freilandexperiment im Sommer 2023 Fichten in einem Klonbestand der Attacke von I. typographus ausgesetzt. Zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Attacke wurden Rindenproben von unbehandelten Bäumen geworben und mittels eines Multi-Omik-Ansatzes analysiert. Die Fichten reagierten rasch und gezielt mit einer Hochregulierung von Genen für die Biosynthese sekundärer Stoffwechselprodukte und der Anreicherung abwehrspezifische Verbindungen wie Phenolen oder Terpenoiden. Der Jasmonsäurespiegel stieg an – dieses Hormon spielt eine Schlüsselrolle in der hoch koordinierten und komplexen Abwehrreaktion. Die Ergebnisse zeigen, dass die Fichten nach dem Angriff ihre Ressourcen dynamisch verteilen – weg vom Wachstum und hin zur Verteidigung.
Giftfreie Behandlungsmethoden
Der dritte Teil des Projektes testete verschiedene giftfreie Methoden zur Behandlung von borkenkäferbefallenem Holz. In Freilandexperimenten untersuchten wir die mechanische Barrierewirkung von Bauvlies sowie die bekämpfende Wirkung von luftdichter Folienverpackung. Die Verpackung von Poltern aus befallenen 4-m-Blochen mit Vlies verhinderte das Entkommen geschlüpfter Buchdrucker zu 98 %. Luftdichte Verpackung von Poltern in Silofolie führte zu nahezu vollständiger Mortalität von Käfern und deren Bruten, wenn der Sauerstoffgehalt drei Wochen unter 0,5 % lag. Allerdings war diese benötigte Dichtheit schwer zu erzielen. Zur Entrindung mit Harvestern wurden Folgeuntersuchungen durchgeführt. Eine Lockwirkung frischer Rinde für den Buchdrucker wurde nicht nachgewiesen. Wenn im Käferstadium entrindet wird, können in der Rinde überlebende Käfer ein Problem darstellen. Mehrmaliges Überfahren der Rinde mit dem Harvester kann dieses Risiko reduzieren.
Monitoring mit Citizen Science
Im vierten Projektteil wurde ein Buchdrucker-Monitoringsystem mit Zeigerpflanzen mittels Citizen Science-Ansatz entwickelt. Zunächst wurden bestehende Phänologie-Datensätze von 2010 bis 2021 von GeoSphere Austria mit der mittels Modell PHENIPS errechneten Buchdrucker-Phänologie verglichen, um potenzielle Zeigerpflanzen zu identifizieren. Freiwillige beobachteten dann im Frühjahr 2023 und 2024 die Phänologie der Zeigerpflanzen, zeichneten Wetterdaten auf und maßen den Frühjahrsflug des Buchdruckers mit Pheromonfallen auf 63 über Österreich verteilten Untersuchungsstandorten. Zwei Zeigerpflanzen erwiesen hohes Potential für eine Anwendung: Der Maitrieb der Fichte im Jungwuchs korrelierte deutlich mit dem Hauptbefall zur Anlage der ersten Generation. Das Mausohrstadium der Rosskastanie fiel mit dem Erstflug des Buchdruckers ab März und die Blattentfaltung der Rosskastanie mit dem Schwärmflug ab April zusammen.