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Der Geschmack von Holz

Eine grüne Teekanne, ein Fichtenzweig mit Nadeln und eine Teetasse mit rotem Tee stehen auf dem schneebeckten Waldboden

Verschiedene Bestandteile von Baumarten, die auf der ganzen Erde vorkommen, geben unserem Essen das entscheidende Etwas. Ein Streifzug durch die Welt der gar nicht so speziellen Genüsse.

Haben Sie sich jemals gefragt, wie Bäume eigentlich schmecken? Ich habe das und entstanden ist daraus mein Buch mit dem Titel: „Der Geschmack von Holz“. Es schildert meine kulinarische Entdeckungsreise um die Welt auf der Suche nach Holz und Bäumen in unseren Lebensmitteln. Im ersten Moment klingt es nach einer absurden Unternehmung, aber die Chancen stehen gut, dass Sie heute bereits etwas vom Baum Beeinflusstes gegessen haben. Sei es Schwarz- oder Grüntee, der aus den Blättern eines Baumes hergestellt wird, ein Gebäckstück mit Zimt, der aus gemahlener Baumrinde besteht, eine Nachspeise, die mit Ahornsirup gesüßt war, oder mit Buchenholz geräucherte Wurst oder Käse.

Je mehr ich recherchierte, desto mehr von Bäumen geprägte Lebensmittel fand ich. Von der neapolitanischen Holzofen-Pizza und der weißen Alba Trüffel zu dem traditionellen Aceto Balsamico di Modena und der berühmten Spreewaldgurke. Sie alle werden stark von Holz und Bäumen beeinflusst.

Kiefernnadeln, Rinde, Samen liegen angeordnet auf dem Waldboden
Essbare Teile der Kiefer. Der Geschmack der Kiefer im Tee: Stücke von jungen Ästen mit heißem Wasser übergießen.

Ich besuchte indische Teeplantagen, Schweizer Käsemanufakturen, Ahornsirup-Produzentinnen in Kanada, sprach mit vietnamesischen Parfümentwicklern und kenianischen Joghurtherstellerinnen. Von Rumhändlern, Whisky-Expertinnen und Fassbindern lernte ich alles über die lange Tradition des Spirituosenausbaus im Holzfass und auch bei Winzern und Bierbrauerinnen ging ich der Fassreifung auf den Grund. Es war ein äußerst faszinierendes Abenteuer, das meine anfängliche These, dass Bäume einen einheitlichen Geschmack teilen, gehörig auf den Kopf stellte. Nichts hätte ferner von der Realität sein können! Von den bekannten Vanille-, Schokolade- und Kokos-Noten der Eiche, den Himbeer-Noten der Rot-Erle oder den Salzkaramell Aromen des Eukalyptus bis hin zu den intensiven Tabak-, Leder- und Kerosin-Geschmäckern von Teak Holz war wirklich alles dabei. Eine gewaltige Bandbreite an Aromen, die ein unglaubliches kulinarisches Potential in sich bergen.

Eine große Bandbreite an Aromen

Ein Potential, das ich seit dem Erscheinen meines Buches schon in vielfältiger Form nutzen konnte. Auf Basis zarter, frisch entfalteter Buchen- und Ahornblättern entsteht jeden Frühling ein fein, nussiger Waldsalat. Die bitteren Blätter der Birke eigenen sich wiederum wunderbar für ein Tonic. Besonders angetan haben es mir dabei die Nadelbäume, die selbst bei Minusgraden mit einer großartigen Bandbreite an mediterranen Zitrusnoten überraschen.

Während die frischen Nadeln der Tanne stark nach Mandarine duften und die der Douglasie nach Grapefruit, wartet die Fichte mit Orangen- und die Kiefer mit Zitronennoten auf. Am einfachsten lassen sich diese Aromen durch die Zubereitung eines Tees mit Nadeln erfahren. Fortschrittliche Rezepte verwenden dann auch die Rinde und sogar das Holz. Selbst den Christbaum kann man in seiner Gesamtheit hervorragend verkochen, vorausgesetzt er ist biologisch und unbehandelt. Mittlerweile sind aus meinen Baumkoch-Experimenten
mehrgängige Waldmenüs, Workshops und sogar ein Tourismusprodukt entstanden.

Im Allgemeinen bin ich vollkommen davon überzeugt, dass Bäume zukünftig immer mehr auf unseren Tellern zu finden sein werden. Sollten Sie es heute schon probieren wollen, finden Sie unten eines meiner Lieblingsrezepte: ein Pesto aus frischen Kiefernnadeln. Wer weiß, vielleicht verfallen auch Sie dem zauberhaften Bann des wilden Aromas der Bäume!

Rezept: Kiefernadelpesto

Eine Schale mit Walnüssen, Parmesan, ein Gläschen mit Olivenöl, Salz und Kiefernnadeln liegen auf einem grauen Tischtuch

Zutaten (für 2 Personen):
100 g Walnüsse
10 g frische Kiefernnadeln
35 g Grana
70 g Olivenöl
Prise Salz

Alle Zutaten in einem Mixbehälter vermengen und sorgfältig pürieren. Durch Zugabe von einem Schuss Wasser wird es noch cremiger. Schmeckt hervorragend mit Pasta, als Brotaufstrich und in Kombination mit geröstetem Wurzelgemüse oder Fleisch.

Zum Autor

Artur Cisar-Erlach, 1988 in Wien geboren, ist Waldökologe, Experte für Lebensmittelkommunikation und gelernter Tischler. In Österreich im Waldviertel aufgewachsen, verbrachte er als Kind die Sommer in der waldreichen ostkanadischen Provinz Nova Scotia.

Ein Mann mit einer grünen Schürze mischt Zutaten in einem Stabmixer.
Foto: Lisa Schulcz

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