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Gradenbach – Extremereignisse und Schutzmaßnahmen

Saal mit mehreren Teilnehmenden und einem Vortragenden beim Hofburggespräch in Gradenbach

Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) hat heuer die Hofburggespräche zum Thema Gradenbach – Extremereignisse, Schutzmaßnahmen und Forschungsarbeiten von Innsbruck nach Kärnten verlegt. Direkt am Ort des Geschehens wurde Einblick in den Stand der Naturgefahrenforschung im Gradental und am Eggerberg gegeben.

Einige Bewohner*innen der Ortschaft Großkirchheim im oberen Mölltal können sich vermutlich noch an die verheerenden Extremwetter-Ereignisse der Jahre 1965 und 1966 erinnern, als der Ortsteil Putschall nahezu komplett von Geröllmassen verschüttet wurde. Damals hat ein Hochwasser des Gradenbaches den in das Flussbett mündenden Hang unterschnitten, sodass dieser den Bach aufstauen und den folgereichen Murgang verstärken konnte.

Gradenbach mit Schutzwald am Ufer
Entlang des Gradenbaches wurden seit der Katastrophe mehrere Schutzmaßnahmen errichtet. Foto: BFW

Die Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) hat im Laufe der folgenden Jahre mehrere Schutzmaßnahmen errichtet. Deren Wirksamkeit wurde seither in Verbindung mit einer laufenden Beobachtung des Berchtoldhanges vom BFW erforscht. Regelmäßige lokale Messungen sind durch engagierte Personen aus der Region durchgeführt worden. Später ist dann auch die Technische Universität (TU) Graz dazugekommen, die die Bewegung des Hanges mittels GPS überwacht. In den Jahren 2018 und 2019 haben schwere Sturm- und Schneebruchschäden die Borkenkäfer wie ein Magnet angezogen, was großräumige Kahlschläge im Schutzwald zur Folge hatte.

Messtation der TU Graz auf einem Berg bei Gradenbach
Die Mess-Station der TU-Graz stellt kleinste Hangbewegungen mittels GPS fest. Foto: BFW

Zweitägige Veranstaltung in Großkirchheim

Interessiertes Fachpersonal und Anwohner*innen hatten Mitte Mai vor Ort die Möglichkeit, sich an dem Dialog zum Thema Naturgefahren zu beteiligen. Am 17. Mai nachmittags stellten die Forscher*innen in der Alten Schmelz ihre Arbeiten vor. Erich Lang kennt das Monitoring, so nennt man diese langjährigen Beobachtungen, wohl am längsten. Der vor kurzem pensionierte Naturgefahren-Experte hat das Gebiet in seinen 33 Dienstjahren am BFW durchgehend betreut und konnte entsprechend viel darüber berichten wie Wasserhaushalt und Hangbewegungen zusammenhängen.

Saal mit mehreren Teilnehmenden und einem Vortragenden beim Hofburggespräch in Gradenbach
Voller Saal in der Alten Schmelz beim Vortragsnachmittag am Freitag. Foto: BFW

Wilfried Klaus von der WLV gab Einblicke in die errichteten Schutzmaßnahmen und die Vermesserin Caroline Schönberger von der TU Graz stellte das GPS-Messsystem für den Berchtoldhang vor, welches Bewegungen im Millimeterbereich detektieren kann. Silvio Schüler und Gottfried Steyrer (beide BFW) gaben einen Überblick über die Probleme des Waldes in Zeiten der Klimaerwärmung und mit Borkenkäfermassenvermehrungen. Kurt Ziegner von der Landesforstdirektion Tirol und Erich Gollmitzer von der Bezirksforstinspektion Lienz hatten ein entsprechendes Wald-Praxisbeispiel mit eindrucksvollen Bildern aus Lienz mit im Gepäck.

Am Folgetag nahmen die Expert*innen die Teilnehmenden mit auf eine Exkursion zum Ort des Geschehens. Das Monitoringsystem im Bereich des Berchtoldhanges, die Verbauungsmaßnahmen im Gradental und auch die forstlichen Maßnahmen nach den Sturm-, Schnee- und Borkenkäferschäden wurden unter fachkundiger Leitung besichtigt.

Vor einem Hang mit Wiese und nur spärlichem Baumbestand steht eine Gruppe von Menschen und hört einem Vortragenden zu.
Vor der Kulisse des nicht mehr existierenden Schutzwaldes sprachen Gottfried Steyrer und Michaela Teich vom BFW über Borkenkäfer und waldbauliche Möglichkeiten. Foto: BFW

Berchtoldhang unter Beobachtung

Besonders die Hangbewegungen des Berchtoldhanges wurden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Eine Gesteins-Gleitschicht in etwa 140 Metern Tiefe sorgt dafür, dass sich der Hang je nach verfügbarem Hangwasser mehrere Zentimeter im Jahr talwärts bewegt. Durch die gesetzten Schutzmaßnahmen sehen die Expert*innen aber keine akute Gefahr für die darunter im Tal befindlichen Ortschaften.

Die Entwaldung durch diverse Schäden in den Hochlagen macht nicht nur Waldbesitzer*innen sorgen, denn die Bäume sind der beste Schutz vor Lawinen, Steinschlag und Muren. Das Gradental steht stellvertretend für viele Schutzwälder in Österreich. Schäden durch Stürme, Schnee und darauffolgend Schädlinge in Kombination mit einer Überalterung des Waldes und einem nicht angepassten Wildbestand gefährden die heimischen Schutzwälder vielerorts.

Die Hofburggespräche boten Anlass um die zukünftigen Herausforderungen und notwendigen Forschungs- sowie Monitoringaktivitäten in diesem Gebiet zu diskutieren um daraus wichtige Handlungsempfehlungen für die Politik und nützliche Anleitungen für die Praxis erarbeiten zu können.

Download der Präsentationen als PDF

Erich LANG und Ulrike STARY (Institut für Naturgefahren, BFW) Wildbach-Monitoring Gradenbach: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

Caroline SCHÖNBERGER (Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme, TU Graz) Aufbau und Erhaltung eines GPS Monitoringsystem an der Massenbewegung Gradenbach

Silvio SCHÜLER (Institut für Waldwachstum, Waldbau und Genetik, BFW) Waldentwicklung in der Hochlage: Chancen und Gefährdungen im Klimawandel

Gottfried STEYRER und Gernot HOCH (Institut für Waldschutz, BFW) Borkenkäfermassenvermehrungen im
Schutzwald in Zeiten des Klimawandels