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Und jetzt den Motor starten

Waldarbeit ist gefährlich. Dies beweist ein Blick in die Statistik. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) verletzen sich pro Jahr rund 1500 Menschen so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das Bundesforschungszentrum für Wald bietet einen Führerschein der besonderen Art an – für die Motorsäge.

Luftfilter und Gehäuse reinigen, und das täglich. Ebenso die Kettenspannung überprüfen und die Kette, falls notwendig, schärfen. Wenn Walter Popotnig mitten in der Nacht aufgeweckt und gefragt werden würde, was er bei der Motorsägenwartung zu beachten hat, sollte er „im Schlaf“ die neun wichtigsten Punkte aufzählen können. Herr Popotnig besitzt vier Hektar Wald, macht den Großteil der Waldarbeiten in Eigenregie und arbeitet immer wieder für Holzunternehmen. Nachdem der benachbarte Waldbesitzer sich bei der Waldarbeit schwer verletzt hatte, entschloss er sich zu einer fundierten Motorsägen-Ausbildung.

Die häufigsten Verletzungen sind laut KFV Brüche. Etwa jeder zweite bricht sich bei der Waldarbeit einen oder mehrere Knochen. Dabei sind meistens Finger, Fußgelenke, Knöchel und Unterschenkel betroffen. Acht Prozent der Verletzungen erfolgen am Kopf.
Ein Großteil der Unfälle könnte mit erhöhter Vorsicht und entsprechenden Schutzvorkehrungen verhindert werden. Besonders der Samstag ist bei privaten Waldarbeiten laut Statistik „gefährlich“ , etwa ein Drittel der Unfälle ereignen sich an diesem Tag. Auch ältere Motorsägenbenutzer sollten auf der Hut sein. Mehr als die Hälfte der Verletzten sind älter als 60.

Auch fehlender Schutz wirkt sich aus. Jeder vierte Verletzte hat zum Unfallzeitpunkt keine Ausrüstung getragen. Vier von fünf Personen verzichten beim privaten Waldarbeiten auf das Tragen eines Helmes. Jeder Zweite verzichtet auf Arbeitshandschuhe.

Tipps für die sichere Waldarbeit

  • Nicht alleine arbeiten.
  • Sich ausreichend Zeit für die Waldarbeit nehmen und Zeitdruck vermeiden.
  • Das Tragen der Schutzausrüstung ist dringend zu empfehlen.
  • In Hanglagen niemals über- oder untereinander arbeiten.
  • Erste Hilfe-Ausrüstung sollte immer griffbereit sein.
  • Eine gute Ausbildung und Erfahrung erhöhen die Arbeitssicherheit.

„So eng können sie nicht reinschneiden“, sagt der Trainer Thomas Fankhauser Herrn Popotnig. Derzeit absolviert er das erste Modul der Ausbildung zum Motorsägenführerschein an der Forstlichen Ausbildungsstätte Ossiach. „Eng reinschneiden“ betrifft in diesem Fall die richtige Motorsägenführung. Walter Popotnig möchte alle vier Module absolvieren und am Ende zur Prüfung antreten. Mit diesem Zertifikat kann er nachweisen, dass er nach einem europaweit einheitlich geregelten System geprüft wurde.

Einheitliche Standards zur Motorsägenarbeit sind schon lange ein Thema innerhalb der Forstwirtschaft. Die Europäische Vereinigung der Berufe in Forstwirtschaft und Umwelt (EFESC) machte sich dafür stark.

Diese Standards des Motorsägenführerscheins sollen Arbeitsunfälle verringern und die Kenntnisse und der Fertigkeiten der Motorsägenführenden verbessern. © Kuratorium für Verkehrssicherheit

Vor rund zehn Jahren erhielten Expertinnen und Experten von forstlichen Ausbildungsstätten, Unfallversicherern, Gewerkschaften und Forstunternehmerverbänden aus 14 europäischen Ländern den Auftrag, europäische Motorsägenstandards (European Chainsaw Standard, ECC) zu definieren. Es handelt sich um Mindeststandards. Die europäischen Zertifikate werden nach dem Bestehen einer genau festlegten Prüfung ausgegeben. Ein vorheriger Besuch eines Kurses wird empfohlen, ist aber nicht Pflicht. Dies war der Expertengruppe wichtig, da diese Regelung besonders Beschäftigten, die bereits langjährig im Wald tätig sind, entgegenkommt.

Derzeit verwenden folgende Länder die ECC-Standards: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Rumänien, Schweiz, Spanien und Österreich; Polen und Tschechische Republik kommen in nächster Zeit dazu.

Diese Standards sollen Arbeitsunfälle verringern und die Kenntnisse und der Fertigkeiten der Motorsägenführenden verbessern. Zudem kann der Zertifikatsinhaber in vielen europäischen Ländern arbeiten. Seit 2018 wird beispielsweise in Deutschland bei öffentlichen Ausschreibungen Bezug auf die Motorsägenstandards (ECC) genommen. In Österreich bieten die forstliche Ausbildungsstätte Ossiach und Traunkirchen Prüfungstermine für das Zertifikat an.

Die nationale Koordinierungsstelle für das ECC-Zertifikat in Österreich ist das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Der Vorteil eines solchen Zertifikats liegt auf der Hand: Die Zertifikatsinhaber sind in einer europaweiten Datenbank gelistet und somit leicht überprüfbar.

Ein umgefallener Baum versperrt die Straße. „Wie trennen Sie den Wurzelteller vom Stamm? Was machen Sie Herr Popotnig, wenn Sie merken, dass sie rutschen?“, fragt Thomas Fankhauser. Walter Popotnig ist etwas gestresst, er ist mitten in der dritten und letzten Teilprüfung. Er überlegt sich noch die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und zeigt dem Prüfer Thomas Fankhauser, wie er vorgehen würde. „Bestens, Prüfung bestanden. Jetzt haben Sie den Führerschein“, freut sich Fankhauser mit Herrn Popotnig.

Das europäische Motorsägen-Zertifikat

Die Inhalte der Qualifizierung beginnen bei den einfachen Grundregeln wie der persönlichen Schutzausrüstung und Regeln zur sicheren Bedienung der Motorsäge und enden mit den notwendigen Schnitttechniken zur Aufarbeitung von sturmgeschädigten oder geworfenen Hölzern.
• Modul 1: Technische Grundlagen, Motorsägen Wartung, Einschneidetechniken
• Modul 2: Grundlagen der Schwachholzaufarbeitung
• Modul 3: Fällen und Aufarbeiten von mittelstarkem und starkem Holz
• Modul 4: Geworfenes und gebrochenes Holz, Windwurfaufarbeitung

Weitere Informationen

Europäische Vereinigung der Berufe in Forstwirtschaft und Umwelt: efesc.org
Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik: kwf-online.de
Forstliche Ausbildungsstätte Ossiach des BFW: fastossiach.at
Forstliche Ausbildungsstätte Traunkirchen des BFW: fasttraunkirchen.at
Lern-Unterlagen für die sichere Arbeit mit der Motorsäge (interaktiv, Holzernte im Schleppergelände, Methodische Arbeit 4, FHP): Bestellung unter office@forstholzpapier.at