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Pflanzverfahren und Baumstabilität

Bei der künstlichen Begründung von Forstkulturen kommen verschiedene Pflanzverfahren zur Anwendung. Dabei stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Verfahren auf Wurzelentwicklung und Bodenverankerung der Bäume haben. Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) hat zur Bestimmung der Bodenverankerung auf einer ihrer Versuchsflächen Fichten mit einer Seilwinde umgezogen und die erforderliche Kraft gemessen.

Untersuchungen aus Deutschland haben gezeigt, dass Wurzeldeformationen bei gepflanzten Bäumen signifikant häufiger vorkommen als bei Bäumen, die aus Saat oder Naturverjüngung hervorgegangen sind. Vor allem bei der Winkelpflanzung ist durch das seitliche „Einschwingen“ der Wurzeln mit einer Verkrümmung der Hauptwurzel zu rechnen. Bei Container- und Hohlspatenpflanzungen geht man hingegen davon aus, dass derartige Wurzeldeformationen seltener vorkommen.

Die Frage, inwieweit die einzelnen Verfahren zu einer unterschiedlichen Bodenverankerung führen, wurde bisher hauptsächlich durch Wurzelgrabungen bzw. Freilegen der Wurzel durch Spülung untersucht. Solch ausschließlich qualitative Beurteilungen haben jedoch immer einen subjektiven Charakter. Eine objektive Methode zur Beurteilung der Bodenverankerung ist das Umziehen von Bäumen bei gleichzeitiger Messung der Widerstandskraft.

Dauerversuchsfläche bietet einmalige Gelegenheit

Im Jahr 1995 wurde vom Forstamt Ottenstein der Windhag Stipendienstiftung in Kooperation mit dem BFW ein Pflanzversuch angelegt, bei dem 1344 Fichtenpflanzen mittels Container-, Hohlspaten- und Winkelpflanzung gesetzt wurden. Der Pflanzversuch liegt auf einer ehemals landwirtschaftlich genutzten Fläche in einer Seehöhe von 540 m.

Das Grundgestein bildet Rastenberger Granit, auf dem sich Braunerde entwickelt hat, die Bodenart ist sandiger Lehm. Im Frühjahr 15 lag die Grundfläche bei 41 m²/ ha und die mittlere Baumhöhe betrug 12,1 m.

Bei den Containerpflanzen handelte es sich um Pflanzen der Firma LIECO, die Anfang der 1990er Jahre im Container L 15 produziert wurden. Dieses Containersystem war damals Stand der Technik. Für die Hohlspaten- und Winkelpflanzung wurden wurzelnackte Pflanzen der Sortierung 25/50 verwendet, weil deren Größe am besten mit der Größe der Containerpflanzen übereinstimmte. Die wurzelnackten Pflanzen stammen von einer lokalen Herkunft aus Ottenstein und wurden im Landesforstgarten für Niederösterreich herangezogen. Die Containerpflanzen sind zwar nicht vom gleichen Saatgut wie die wurzelnackten Pflanzen, stammen aber zumindest aus demselben Wuchsgebiet.

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Dieser Versuch bot nun 20 Jahre nach seiner Anlage die einmalige Gelegenheit, die drei Pflanzverfahren hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Bodenverankerung zu analysieren.

Umziehversuche mit Seilwinde

Im Juni 2015 wurden insgesamt 54 Fichten mit einer Traktoranbauwinde umgezogen und die benötigte Zugkraft kontinuierlich gemessen (Abbildung 1).

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Abbildung 1: Versuchsschema mit Berechnung des maximalen Drehmoments (MA),
Grafik: BFW/Schnabel

Da im Versuchsbestand zwischen benachbarten Bäumen bereits Kronenüberlappungen zu beobachten waren, wurden die Bäume vor dem Umziehen aufgeastet und geköpft. Dies sollte eine von Nachbarbäumen und Kronenform möglichst unbeeinflusste Messung der Zugkraft ermöglichen. Durch Nachbearbeitung der aufgezeichneten Kraftverläufe wurde die jeweils maximale Zugkraft Zmax ermittelt. Mit Hilfe der gemessenen Seilneigung wurde die maximale Zugkraft in eine horizontale und eine vertikale Kraftkomponente zerlegt und das Drehmoment berechnet (Abbildung 1). Dieses maximale Drehmoment wurde schließlich als Maß für die Bodenverankerung eines Baumes verwendet und auf Unterschiede zwischen den Pflanzverfahren geprüft.

Containerpflanzen im Vorteil

Die Ergebnisse der Kovarianzanalyse zeigen, dass bei der Containerpflanzung im Vergleich zur Winkelpflanzung um 235 kg oder 17,7 % mehr Kraft aufgewendet werden muss, um auf diesem Standort einen Baum mittlerer Dimension umzuziehen (Abbildung 2). Dieser Unterschied war auch statistisch signifikant (p = 0,048). Die Unterschiede zwischen Containerpflanzung und Hohlspatenpflanzung bzw. zwischen Hohlspatenpflanzung und Winkelpflanzung waren mit 123 bzw. 112 kg nur etwa halb so groß und ließen sich statistisch nicht absichern (p = 0,461 bzw. 0,496).

Wurzelstruktur offenbar entscheidend

Von allen umgezogenen Bäumen wurden Fotos der Wurzelteller gemacht und diese verschiedenen Experten vorgelegt. Anhand dieser Fotos sollten sie versuchen, das jeweilige Pflanzverfahren zu erkennen. Die Erwartung war, dass aufgrund der bei Winkelpflanzung vermuteten Wurzeldeformationen speziell dieses Pflanzverfahren erkannt wird. Allerdings zeigte sich bereits beim Umziehen der Bäume, dass es hier kaum visuell erkennbare Deformationen der Hauptwurzeln gab. Dieser erste Befund wurde durch die Auswertung der Expertenklassifizierungen untermauert.

Tabelle 1: Mittlere Dimensionen der umgezogenen Bäume
Pflanzverfahren


Der Grund für das Fehlen eindeutiger Wurzeldeformationen dürfte darin liegen, dass bei den wurzelnackten Pflanzen ein äußerst kräftiger Wurzelschnitt durchgeführt wurde. Dies würde auch die geringeren Dimensionen der wurzelnackten Pflanzen erklären (Tabelle 1). Allerdings zeigen die Ergebnisse der Kovarianzanalyse, dass selbst bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Baumgröße ein signifikanter Einfluss des Pflanzverfahrens besteht. Scheinbar weisen in diesem Versuch die wurzelnackten, vor allem aber die mittels Winkelpflanzung versetzten Pflanzen eine andere Wurzelstruktur auf, die mit der rein visuellen Beurteilung nicht erfasst wurde. Ein Einfluss der unterschiedlichen Pflanzenherkunft kann zwar nicht ausgeschlossen werden, bei einem alleinigen Effekt der Herkunft müsste aber der Unterschied zwischen Hohlspatenpflanzung und Winkelpflanzung geringer sein.

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Abbildung 2: Darstellung der mittleren Baumdimensionen. Die jeweilige Zugkraft greift in
1 m Höhe und im rechten Winkel zur Stammachse an. Grafik: BFW/Schnabel

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Studie, dass in puncto Bodenverankerung die hier untersuchte Containerpflanzung (inklusive systemkonformer Versetzung der Pflanzen) vor allem gegenüber der Winkelpflanzung im Vorteil ist. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass dieser Vorteil deutlich geringer ausfällt, wenn für wurzelnackte Pflanzen ein besser geeignetes Pflanzverfahren – wie z. B. die Hohlspatenpflanzung – verwendet wird. Eine Generalisierung der Versuchsergebnisse ist aufgrund des eingeschränkten Standortsspektrums allerdings nicht möglich.

Aus heutiger Sicht erscheint es interessant, ob die Unterschiede zwischen den Pflanzverfahren in Zukunft bestehen bleiben, zu- oder abnehmen werden. Daher wäre eine Wiederholung des Umziehexperiments zu einem späteren Zeitpunkt durchaus sinnvoll.

Danksagung

Das Projekt wurde finanziell unterstützt vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Projekt Nr. 101040). Forstdirektor Dipl.-Ing. Richard Hackl und Oberförster Ing. Heinrich Anibas von der Windhag Stipendienstiftung danken wir für die Initiative zur Anlage der Versuchsfläche sowie für die Unterstützung beim Umziehen der Bäume.

Linktipp

Film über den Umziehversuch in Ottenstein