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Wald woanders in … Japan

Japanische Sicheltanne

Die Japanische Sicheltanne – Sugi – ist die „Fichte Japans“. Etwa 16 Mio m3 werden laut WKO jährlich von dieser immergrünen Baumart im Land verbaut. Der überwiegende´Teil des Holzbedarfs (65 %) wird allerdings importiert. Das ist eine Erklärung für die hohe Bewaldung von 67,2 % (FAJ 2019). Ein Kurzporträt über den japanischen Wald

Das 3000 km lange Land, das sich von Hokkaido im Norden bis nach Okinawa im Süden zieht und meteorologisch einen Querschnitt durch kontinentale bis subtropische Klimazonen aufweist, gehört zu einem der waldreicheren Länder der Erde mit einer hoher Artenvielfalt. 54 % der Waldfläche gilt als Naturwald, 1200 holzige Arten gibt es, die mit Wald assoziiert sind (FAJ 2019). 2011 war ein Wendejahr. Fukushima hat gezeigt, dass die Nutzung von Atomenergie schwerwiegende Folgen haben kann. Wald ist seitdem Motor für die Wirtschaft. In den letzten Jahren hat sich das Bewusstsein, Wald nachhaltig zu bewirtschaften, wesentlich erhöht. Das lässt sich an den Förderprogrammen ablesen, die Japans Wirtschaft ausschreibt: Austauschprogramme, Auslandspraktika und finanzielle Unterstützung für jene, die Forstwirtschaft studieren und darin tätig sein möchten, sollen die japanische Forstwirtschaft stärken und den regionalen Raum entwickeln. Denn die junge Generation flüchtet aus der Stadt. In Japan, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Ballungsräumen wohnt, ist die Sehnsucht nach Natur gewachsen. I-Turner nennt man etwa jene, die von der Großstadt aufs Land ziehen, ohne familiäre Bindungen dort zu haben.

Ein Kärntner in Japan

Die österreichische Forstwirtschaft ist für Japan interessant – sowohl was die Technik als auch Ausbildung betrifft. Denn die Topografie ist der japanischen ähnlich. Für die Nutzung von niederschlagsreichen Bergwäldern, die spezifisches Wissen zum Thema Seilbringung voraussetzt, ist Österreich zu einem wichtigen Partner avanciert. Hans Zöscher, Leiter der Forstlichen Ausbildungsstätte Ossiach des BFW, steht seit Jahren in intensivem Austausch mit japanischen Forstleuten und bildet sie im Rahmen einer langjährigen Kooperation mit dem Advantage Austria Tokyo der WKO und dem Ministerium auch aus. Thematische Dauerbrenner: Holzerntekosten, Waldbewirtschaftung, Strategien der Bioenergie und Arbeitsplätze im ländlichen Raum. „Future City Initiative“ ist ein Beispiel für Raumentwicklung, bei dem Hans Zöscher vor Ort Impulse geben konnte. Elf Gemeinden denken in diesem Kontext über Strategien für eine dezentralisierte Zukunft nach. Eine dieser Gemeinden ist Shimokawa Town auf einem der waldreichsten Gebiete: die Insel Hokkaido. Alles vom Baum – vom Holz bis zu den Nadeln, von den Wurzeln bis zur Rinde – soll dort lokal verwertet werden und zu Wertschöpfung und Einkommen beitra-
gen – möglichst mit Rücksicht auf den ausgewogenen Nährstoffhaushalt des Bodens.

Philosophie im Wald

Japan hat mit der verstärkten Zusammenarbeit aber auch ein Bewusstsein für traditionelle Konzepte des Wohlbefindens nach Österreich gebracht. Shinrin Yoku etwa – übersetzt als Waldbaden, was das bewusste Erleben von Natur meint. Auch in der philosophischen Denkrichtung Ikigai ist der Wald Teil der Lebensfreude. Ein Schlüssel zum Glück liegt im Regionalen, gemeinschaftlich Organisierten. Ob Satoyama dafür ein Beispiel sein könnte? Es bezeichnet eine dörfliche Struktur, die sowohl an landwirtschaftlich genutzte Flächen als auch an Wald grenzt. Naturnahe, regionale Landwirtschaft und die Versorgung mit Brennholz ist auch in die Umweltgeschichte Japans tief eingeschrieben. Diese Flächen unterliegen wie überall einem Strukturwandel: Globalisierung, veränderte Landnutzung und die zunehmende Verbauung solcher Flächen – in Österreich vergleichbar mit den Industriegebieten, die sich um Siedlungsgebiete schlingen und dem Bedeutungsverlust von Ortskernen Vorschub leisten.

Parallele Entwicklungen

Auch in Japan ist der Begriff Nachhaltigkeit mit Forstwirtschaft verknüpft. Als erste agrarische Publikation mit Anleitungen gilt „Nogyo Zensho“ von Miyazaki Yasuada. Das Kompendium wurde Ende des 17. Jhdts publiziert und ist somit fast zeitgleich wie jenes von Carl von Carlowitz entstanden, der im beginnenden 18. Jhdt in Sachsen mit „Sylvicultura oeconomica“ für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung antrat.

Mit offenen Karten Japan