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Wald woanders … Schweiz

Zur Schweiz fallen einem viele Klischees ein: Bankgeheimnis, Käsefondue, Schokolade und Uhren. Aber auch, dass viele Waldbesitzer*innen ihren Wald nicht forstlich nutzen. So tickt die Schweizer Forstwirtschaft. Ein Kurzporträt

Vorerst ein Blick auf die Fakten: Der Schweizer Wald umfasst 1,27 Millionen (Mio.) Hektar (ha) und bedeckt knapp 31 Prozent (%) der Landesfläche (Quelle: Jahrbuch Wald und Holz 2020). Mit Stand Ende 2019 beträgt die Schutzwaldfläche 597 708 Hektar (ha), somit fast die Hälfte der Waldfläche. In den Schweizer Wäldern wachsen knapp 500 Mio. Bäume (ab 12 cm Brusthöhendurchmesser). Die Fichte ist mit Abstand die häufigste Baumart im Schweizer Wald. Auf sie folgen die Buche und die Tanne. Der Holzvorrat der lebenden Bäume beläuft sich auf 421 Mio. Kubikmeter (m3)  oder 350 m3  je Hektar (4. Landesforstinventar).  

In der Schweiz wohnen auf 41 285 Quadratkilometer (km2) 8,6 Mio. Menschen. Das bedeutet: 208 Einwohner*innen auf einem Quadratkilometer. Rund 40 % der Bevölkerung leben in einer der fünf größten Agglomerationen des Landes: in Zürich, Genf, Basel, Bern oder Lausanne. Damit ist recht schnell klar, dass besiedelbare Flächen begehrt sind. 

Vorrangig Schutz vor Naturgefahren

Der Schweizer Wald erfüllt ähnlich wie in Österreich viele wichtige Leistungen: Er schützt vor Rutschungen, Murgängen, Steinschlag und Lawinen, produziert den erneuerbaren Rohstoff Holz, sorgt für sauberes Trinkwasser, ist Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und bietet den Menschen Raum für Freizeit und Erholung. Auf fast der Hälfte der Waldfläche ist der Schutz vor Naturgefahren die vorrangige Waldfunktion (in Österreich sind es 30 %), auf knapp einem Drittel ist es die Holzproduktion. Damit sind die Prioritäten recht klar auf dem Tisch.  

Die Schweiz hat im europäischen Vergleich den größten Anteil an älteren Wäldern. Rund ein Fünftel der Waldfläche wurde seit mehr als 50 Jahren nicht forstlich bewirtschaftet oder gepflegt, mehrheitlich im Alpenraum und auf der Alpensüdseite. Folglich gibt es sehr dichte Bestände. Der Bedarf an waldbaulicher Pflege wird im (Schutz-)Wald zunehmen, auch hinsichtlich der Einleitung einer nachhaltigen Verjüngung. 

Wald ist Sache des Kantons

Entscheidend dafür, dass die vielfältigen Funktionen der Wälder erhalten bleiben, sind nicht zuletzt die Programmvereinbarungen zwischen dem Bund, der zum Thema Wald eher koordinierende Funktion hat, und den 26 Kantonen. Jeweils für eine Vierjahresperiode legen die Vertragspartner fest, welche Ziele die Kantone mit den Bundesgeldern im Hinblick auf Waldbewirtschaftung, Schutzwald und Biodiversität erreichen sollen. Der Bund refundiert den Kantonen einen Teil der entstehenden Kosten, koordiniert die Arbeiten und erlässt technische Richtlinien und Empfehlungen. Die Kantone setzen um: Sie erstellen zum Beispiel für den Schutzwald Gefahrenkataster und -karten, richten Messstellen und Frühwarndienste ein und kümmern sich um die Pflege die Schutzwälder.  

Im Zwischenbericht zur Umsetzung der Schweizer Waldpolitik 2020 wird auf die geringe Holznutzungsrate hingewiesen: Nur 75 Prozent des zuwachsenden Holzes wird genutzt. In Schweizer Wäldern wachsen Jahr für Jahr rund 10 Mio. m3  Holz. Abzüglich des Holzanteils, der im Wald bleibt oder der wegen Unzugänglichkeit nicht geerntet werden kann, verbleibt ein nachhaltig nutzbares Potenzial von 8,2 Mio. m3 Holz. Die Gründe für das schlecht ausgeschöpfte Holznutzungspotenzial sind die anhaltend tiefen Holzpreise und die hohen Erntekosten. „Die Schweiz ist durch das hohe Lohnniveau international nicht konkurrenzfähig, die Holzindustrie ist nicht so stark entwickelt wie in Österreich und deshalb wird ein erheblicher Teil des Rundholzes exportiert“, meint Peter Brang von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL.  

Großteils öffentlicher Wald

Unter Berücksichtigung der einsetzbaren Holzernteverfahren wird etwa die Hälfte des Schweizer Waldes als gut erschlossen eingestuft. Bei der anderen Hälfte ist der Erschließungsgrad dagegen mäßig oder schlecht. Bei der bescheidenen Holzernte spielen aber auch die kleinteiligen Besitzstrukturen eine Rolle: Gut 898 000 ha oder knapp 71 % der Schweizer Wälder sind im Eigentum der öffentlichen Hand (rund 3500 verschiedene Gemeinwesen). Die 250 000 privaten Eigentümer und Eigentümerinnen besitzen knapp 373 000 ha oder 29 % der Waldfläche. Im Mittel gehört jedem von ihnen ca. 1,4 ha Waldfläche, was dazu führt, dass die Holznutzung bei ihnen kein vorrangiges Ziel ist. Als Folge dieser Rahmenbedingungen steigen die Holzvorräte, was nicht immer ein gutes Zeichen ist. Etwa dann, wenn Schutzwälder zu dicht werden und deshalb die Verjüngung ausbleibt. „Der Schutzwald würde kaum gepflegt werden, wenn die öffentliche Hand dies nicht fördern würde“, erklärt Peter Brang (WSL). Ohne diese Förderung wäre die Wirkung der Schutzwälder langfristig gefährdet.  Die Schutzwaldpflege beinhaltet Maßnahmen wie Holzschlägerungenschläge (zur Förderung der Verjüngung oder der Stabilität des Bestandes), Jungwaldpflege, Pflanzungen und Wildschutzmaßnahmen. Die Pflege des Schutzwaldes ist rund zehnmal günstiger, als der Schutz mit technischen Maßnahmen. Der Betrag von rund 150 Millionen Franken, den Bund, Kantone, und Nutznießer für die Schutzwaldpflege jährlich zur Verfügung stellen, ist deshalb eine sich lohnende Investition.