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Vier Ansätze zu einem besseren Borkenkäfermanagement

Folien bedecken auf einem Parkplatz mehrere mit Borkenkäfern befallene Baumstämme

Kaum ein anderer Forstschädling wurde bereits so intensiv erforscht wie der Buchdrucker. Dennoch sind noch einige Fragen unbeantwortet. Im Projekt IpsEMAN werden Antworten gesucht.

Jahr für Jahr überschlagen sich die Schreckensmeldungen aus den Schadgebieten, die von einer Massenvermehrung des Buchdruckers (Ips typographus) heimgesucht wurden. Die Wissenschaft weiß inzwischen sehr gut über die Lebensweise dieses Käfers Bescheid, Detailfragen sind aber noch offen. Deren Beantwortung könnte dabei helfen, den Schädling noch besser zu verstehen und daraus Lösungen zum integrierten Management des Schädlings abzuleiten. Das Projekt IpsEMAN, dass das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) gemeinsam mit der BOKU und dem Büro für Wildökologie & Forstwirtschaft DI Horst Leitner durchführt, widmet sich in vier Themenfeldern dieser Aufgabe.

Mehr Generationen, mehr Schadholz

Im Herbst begeben sich die Käfer in die Winterruhe (Diapause). Diese wird durch kürzere Tageslichtlängen eingeleitet und bedeutet eine Einschränkung ihrer Aktivitäten. Bei hohen Temperaturen machen sie aber einfach weiter mit Entwicklung und Fortpflanzung, als ob sie der nahende Winter nichts anginge. In Zeiten steigender Temperaturen könnten sich Eckpfeiler in der Biologie des Buchdruckers verschieben. Das hätte natürlich Auswirkungen auf die Generationenentwicklung, es könnte im Frühherbst eventuell noch eine Generation angelegt werden und sich vor dem Winter vollständig entwickeln. Das würde auch einen Käferflug zu Zeiten bedeuten, wo der Buchdrucker normalerweise schon in Winterruhe ist.

Steigende Temperaturen können also den Beginn der Winterruhe nach hinten verlegen. Die offene Frage ist, inwieweit und wie stark diese Verschiebung ausfällt. Daher wird der Einfluss von Umweltbedingungen (Tageslichtlänge und Temperatur) unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht. Diese Ergebnisse werden darüber Aufschluss geben, bei welchen Herbstbedingungen die Entwicklung einer weiteren Generation zu erwarten ist.

Fraßspuren des Borkenkäfers auf einem Baumstamm
Die Käfer profitieren von warmen Herbsttagen. Foto: BFW

Das Geheimnis der Fichte

Das zweite Themenfeld widmet sich der Erforschung der Mechanismen, die hinter einer Resistenz einiger weniger Fichten gegen den Schädling stecken. In manchen schwer geschädigten Gebieten fallen nämlich immer wieder einzelne Fichten auf, die von den Käfern verschmäht werden oder denen es wenig ausmacht, angeknabbert zu werden. Im Projekt FichtePLUS wurden solche Exemplare bereits am BFW vermehrt. In IpsEMAN wollen die Forscherinnen und Forscher aber dem Geheimnis dieser Resistenz auf die Spur kommen. Dazu wird untersucht, welche Gene der Widerständler bei einem Befall durch Buchdrucker eine Rolle in der Abwehr spielen.

Wie ein Fels in der Brandung steht die resistente Fichte inmitten von befallenen Bäumen. Foto: BFW

Insektizidfreie und umweltfreundliche Bekämpfung

Im dritten Block geht es um die Weiterentwicklung umweltfreundlicher Maßnahmen zur bekämpfungstechnischen Behandlung von befallenem Holz. Gute Erfolge konnte man bereits mit Harvester-Entrindung, Ritzen oder dem vollständigen Fräsen der Rinde mit Fräsaufsätzen für die Motorsäge erzielen. Auch die Lagerung unter Bauvlies oder in Silofolie zeigten vielversprechende, vorläufige Ergebnisse. Nun sollen vertiefende Experimente noch offene Fragen in der Anwendung klären, um diese dann effizient in der Praxis umsetzen zu können.

Folien bedecken auf einem Parkplatz mehrere mit Borkenkäfern befallene Baumstämme
Folien verhindern den Ausflug der Käfer. Aber nur, wenn sie komplett dicht sind, so dass den Käfern lange genug der Sauerstoff wegbleibt. Foto: BFW

„Geh‘ ma Käfer schauen“

Eine Überwachung der Käferaktivitäten (Monitoring) ist ein sehr wirksames Tool, um auf potentielle Entwicklungen reagieren zu können. Normalerweise hängen im Wald auffällige schwarze Kästen, in denen sich ein Duftstoff befindet, der die Käfer anlockt. Ein anderer Ansatz ist die Einbindung der Bevölkerung zum Borkenkäfermonitoring. Es gibt nämlich Zusammenhänge zwischen dem Schwärmbeginn des Buchdruckers und den Aktivitäten bestimmter Pflanzen. Viele Menschen beobachten die Natur mit Begeisterung und geben ihre Meldungen etwa über Blühbeginn oder Knospenaustrieb auf Internetplattformen bekannt. Phänologie ist eine Wissenschaft zum Mitmachen (Citizen Science), für die sich Naturfreunde gerne freiwillig engagieren. Im letzten Themenfeld des Projektes wird daher unter Mitwirkung zahlreicher freiwilliger Beobachterinnen und Beobachter untersucht, welche Waldpflanzen sich zur Bestimmung der beginnenden Buchdrucker-Aktivität im Frühjahr eignen könnten.

Die Fichte wird auch in Zukunft in Österreichs Forstwirtschaft eine bedeutende Stellung einnehmen, auch wenn ihr Trockenstress und damit der Borkenkäfer immer ärger zusetzen. Umso mehr ist es notwendig, die Lebensweise des größten Fichten-Schädlings gut zu kennen, um dieses Wissen in einem intensiven, integrierten Borkenkäfermanagement optimal umsetzen zu können.

Das Buch „Der Buchdrucker“ im BFW-Webshop
Mehr Info online: Borkenkäfer.at

Projektinfos

Projekttitel: IpsEMAN
Projekttitel lang: Ökologie und integriertes Borkenkäfermanagement IpsEMAN
Laufzeit: 03.11.2021 – 30.09.2024

Auftraggeber: BML – Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Projektleitung: BFW
Projektpartner:

  • Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Department für Wald- und Bodenwissenschaften
  • Büro für Wildökologie & Forstwirtschaft DI Horst Leitner

Kontakt

Gernot Hoch, Bundesforschungszentrum für Wald, Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, gernot.hoch@bfw.gv.at