BERGAUF – Aufforstung, Klimawandel und Biodiversität im alpinen Raum

Das Projekt BERGAUF („Biodiversitätsschutz und Kohlenstoffspeicherung in bewaldeten Hochlagen“) erforschte, welche Rolle Hochlagenaufforstungen für eine klimafitte Bewirtschaftung der Alpen spielen.
Der Klimawandel verändert die Alpen spürbar: Gletscher schmelzen, Permafrost taut, und auch die Waldgrenze reagiert auf die steigenden Temperaturen. Gleichzeitig geht die traditionelle Bewirtschaftung von Almen zurück, wodurch ehemals offene Flächen zunehmend verbuschen oder bewaldet werden. Diese Entwicklungen beeinflussen nicht nur die Landschaft, sondern auch den Klimaschutz und die Artenvielfalt.
Das Forschungsprojekt BERGAUF
Das LE-Projekt BERGAUF unter der Projektleitung von Andreas Schindlbacher untersuchte, welche Rolle Aufforstungen in Hochlagen bei der klimafitten Waldbewirtschaftung einnehmen. Als Grundlage dienten Aufforstungsflächen aus den 1960er- und 1970er-Jahren in fünf alpinen Regionen Österreichs. Ziel war es herauszufinden:
- Wie viel Kohlendioxid wurde durch diese Aufforstungen bislang gespeichert?
- Welche Auswirkungen hat die Aufforstung auf Pflanzen, Insekten und Bodenmikroorganismen?
- Verschiebt sich die Waldgrenze durch den Klimawandel von selbst – oder sind andere Faktoren entscheidender?
Unterstützt wurde das Projekt durch Grundeigentümer:innen sowie die Wildbach- und Lawinenverbauung, die historische Daten und Kartenmaterial bereitstellten.
Zentrale Ergebnisse
- Kohlenstoffspeicherung: In den vergangenen 50 Jahren haben die aufgeforsteten Wälder im Durchschnitt rund 400 Tonnen CO₂ pro Hektar gebunden – vor allem in der ober- und unterirdischen Biomasse. Der Kohlenstoffvorrat der Böden veränderte sich hingegen kaum.
- Biodiversität: Wie erwartet, nahm die Artenvielfalt der Bodenvegetation in dichten Jungwäldern ab. In aufgelichteten Beständen und in angrenzenden Altbeständen war die Pflanzenvielfalt jedoch vergleichbar mit jener unbewaldeter Flächen. Spinnen, Laufkäfer und Bodenmikroorganismen zeigten durch die Aufforstung keine nennenswerten Veränderungen – bei Pilzen stieg die funktionelle Vielfalt sogar leicht an.
- Waldgrenze: Entgegen der Erwartung ist die Waldgrenze in den untersuchten Regionen in den letzten 20 Jahren nicht signifikant nach oben gewandert. Dies deutet darauf hin, dass neben der Temperatur auch andere Faktoren wie Landnutzung, Mikroklima (Schnee, Wind), Verbiss, etc. die Waldgrenze definieren.
Bedeutung für die Zukunft
Die Ergebnisse zeigen, dass Hochlagenaufforstung zur Kohlenstoffspeicherung beitragen kann, ohne dabei die lokale Biodiversität zu beeinträchtigen. Ob Hochlagenaufforstungen in Zukunft eine Option zum Klimaschutz sind, wird einerseits davon abhängen, wie viele geeignete Flächen zur Verfügung stehen, andererseits ob die Aufforstung auch finanziell attraktiv ist. Entsprechende Verfahren zur CO₂ –Zertifizierung in Aufforstungsprojekten sind derzeit EU-weit in Ausarbeitung. Wo und ob die meist sehr herausfordernden Aufforstungen in Hochlagen jemals rentabel sind, wird sich zeigen. Die Studienergebnisse liefern in puncto Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität wichtige Grundlagen für künftige Landnutzungs- und Klimaschutzstrategien. Die Entwicklung solcher Strategien bedarf eines umfassenden Ansatzes unter Einbeziehung aller Akteure aus Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus, Umweltschutz u.a.
Resümee zum Projekt
Das LE-Projekt BERGAUF gab erste Einblicke, wie sich Wiederbewaldung bzw. aktive Aufforstung entlang der aktuellen Waldgrenze auf die Kohlenstoffvorräte und Biodiversität auswirkt. Viele Fragen, wie etwa die Verfügbarkeit geeigneter Flächen, Auswirkungen auf das Landschaftsbild, Wildtiere, etc., und auch die Kosten und andere sozio-ökonomische Aspekte sind noch zu klären bzw. zu erforschen. Die Arbeiten entlang der Waldgrenze im Montafon, Drautal, Außerfern, Sellrain und Murursprung haben einmal mehr gezeigt, wie schön und divers die Almen und subalpinen Wälder sind und wie sie im Landschaftsbild ineinandergreifen. Die Projekt-Ergebnisse sollen nicht als Aufforderung verstanden werden, alle Almen “zuzuforsten”. Herauszufinden, wo Hochlagenaufforstungen sinnvoll und finanzierbar wären, wäre ein nächster Schritt.





