Gut gekühlt für den Mischwald
Der Versuchsgarten Tulln des BFW beherbergt wertvolles Saatgut von verschiedenen Waldbaumarten und stellt damit qualitativ hochwertiges Vermehrungsgut für Österreichs Wälder bereit.
Nähert man sich dem Versuchsgarten Tulln bei regnerischem Wetter, dann wirkt die weitläufige Anlage im Tullner Becken auf den ersten Blick etwas Grau in Grau. Kaum jemand würde vermuten, dass sich zwischen Schnellstraße, Tierkörperverwertung und der Imbissbude „Ois Wuascht“ eine wichtige Grundlage für den klimafitten Wald befindet. Die Belegschaft der Versuchsanlage Tulln ist nicht nur für die Aufzucht und Pflege von vielversprechenden Waldbaumarten zuständig, sie lagert dort das Saatgut, das für den Verkauf an Baumschulen, Händler:innen und Waldbesitzende bestimmt ist.
Es stammt aus verschiedenen Saatgutplantagen und Erntebeständen quer durch alle Wuchsgebiete. Denn in Österreich gelangen jährlich sage und schreibe 22,5 Millionen Forstpflanzen in den Verkauf. Und es werden mehr. Fachkräfte erwarten, dass die Nachfrage für Saatgut steigen wird. Bäume verjüngen sich wegen der klimatischen Veränderungen nicht mehr so leicht, schädigende Faktoren durch Krankheiten oder einzelne Insektenarten kommen hinzu. Auch das vermehrte Sturmaufkommen wird viele Verluste in den Wäldern verursachen und die Nachfrage nach qualitätsvollem Saatgut steigern. Und sie hat sich verändert. War die Fichte über Jahrzehnte ein Dauerbrenner, so sind nun Laubbaumarten wie Eiche, Ahorn oder Kirsche gefragt wie selten zuvor. Auch die wuchsstarke Douglasie oder die ökologisch wertvolle Weißtanne werden von den Käufer:innen gewünscht. Die Zeichen deuten auf „Vielfalt für den Mischwald“.
Tanne ist nicht gleich Tanne
Wenn man sich mit dem Ökologen Anton Aigner über klimafittes Saatgut unterhält, dann stößt man recht bald auf den Begriff Herkunft, gerne auch im Plural verwendet. Er ist für den Verkauf des Saatguts im Versuchsgarten Tulln zuständig. „Wir haben zum Beispiel von der Weißtanne Saatgut aus neun verschiedenen Wuchsgebieten. Sie repräsentieren die genetische Diversität ihrer gesamten Herkunftsgebiete. Unser forstliches Saatgut hat den entscheidenden Vorteil, dass es überragend keimfähig ist und garantiert aus jenem Wuchsgebiet stammt, das für den Zielstandort am besten geeignet ist“, sagt er.
Die verschiedenen Herkünfte der Weißtanne haben recht formelhafte Namen wie Ta P10 (6.1 / mm) oder Ta P13 (9.1, 9.2 / tm), die auf die Wuchsgebiete Südliches Randgebiet, Mühl- und Waldviertel hinweisen und die dazugehörige Höhenlage. Die Forschung belegt es immer wieder: Die genetische Vielfalt ist für die Anpassungsfähigkeit durch Selektion von großer Bedeutung. „Das Klonsamenplantagenprogramm des Bundesforschungszentrums für Wald ist in Österreich einzigartig. Unsere Klone sind vital und autochthon, das heißt, dass sie im jeweiligen Wuchsgebiet heimisch bzw. über einen sehr langen Zeitraum angepasst sind“, fasst Anton Aigner die Eigenschaften des „Qualifizierten BFW-Waldsaatguts“ zusammen.
Qualifiziert für den klimafitten Wald
Das Saatgut, das hier in den Kühlräumen auf seinen großen Einsatz wartet, ist „qualifiziert“. Das ist keine Selbstverständlichkeit im Saatguthandel. Das Produkt unterscheidet sich damit von anderen, billiger produziertem, nicht standortangepasstem Vermehrungsgut. „Der etwas geringere Preis macht es zuweilen verlockend, auf die scheinbar günstigere Variante zurückzugreifen. Schlechtere Wuchsleistungen, vorzeitige Ausfälle und vieles mehr sind die wahrscheinlichen Auswirkungen auf den eigenen Wald“, gibt Anton Aigner schließlich zu bedenken. „Wir wissen, welche Herkunft welcher Baumart auf welchem Standort am besten wächst“, gibt er mit auf den Weg. Über dem Versuchsgarten Tulln lugt nun die Sonne durch die Wolken. Gar nicht mehr so grau hier.
Weitere Informationen
Beratung & Bestellungen des Qualifizierten BFW-Waldsaatguts: saatgut@bfw.gv.at
Mehr Informationen unter www.bfw.gv.at/klimafittes-saatgut-fuer-den-wald-der-zukunft
