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Was Pflanzenarten davon abhält „eins zu werden“

verschiedene Blätter von Pappeln

Österreichische Wissenschaftler veröffentlichten Ergebnisse ihrer Forschung in der Fachzeitschrift Molecular Ecology.

150 Jahre ist es her, dass der Naturforscher Gregor Mendel seinen zweiteiligen Vortrag „über Pflanzenhybriden“ veröffentlichte. Seit damals hat sich unser Wissen über die Genetik immens erweitert und dennoch gibt es noch viel zu erforschen – wie etwa die Frage, warum Arten, die seit Millionen von Jahren Hybriden bilden, nicht „eins werden“.

Alle Lebewesen lassen sich in Arten einteilen, die untereinander normalerweise äußerlich unterscheidbar sind, manche besser, manche schlechter. Kreuzen sich zwei unterschiedliche Arten, vermischen sich dabei deren Eigenschaften. Der Nachwuchs aus einer solchen Hybridisierung kann fertil sein, also selbst wieder Nachkommen generieren. Das ist bei den Graupappeln der Fall, die aus den Ausgangsarten Zitterpappel und Silberpappel entstehen. Die von ihnen gebildete „Pappelwolle“ enthält keimfähige Samen. Dennoch kommt es anscheinend nicht zur vollständigen Vermischung der Elternarten, beide existieren seit Millionen von Jahren nebeneinander.

Pappelbäume von der Seite fotografiert
Es ist oft schwierig, Pappelarten und Hybriden rein äußerlich zu unterscheiden
Foto: Berthold Heinze / BFW

Was hält diese Arten auf lange Sicht auseinander? Ist es nur der unterschiedliche Standort – die Berg- und Hügelstufe bei den Zitterpappeln, der Auwald bei den Silberpappeln – oder stecken genetische Mechanismen dahinter? Heuer, im Jubiläumsjahr der Kreuzungsversuche von Gregor Mendel, konnten in einer internationalen Zusammenarbeit Antworten auf diese Fragen gefunden werden.

Abgestimmte Gengruppen werden getrennt

Die Studie der Universität Fribourg unter Leitung von Prof. Christian Lexer, mittlerweile an der Universität Wien tätig – mit Beteiligung von österreichischen Wissenschaftlern um Dr. Berthold Heinze vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) in Wien, zeigt jetzt auf, dass offensichtlich gerade die Neukombination der Gene, die der „Spaltungsregel“ von Gregor Mendel folgt, daran wesentlichen Anteil hat.

Mit einer langen Schere werden Äste von Papplen herunter geschnitten
Graupappeln stellen – wie alle Bäume – Herausforderungen an die Forscher bei der Probennahme. Foto: BFW

Die Spaltungsregel kann man verkürzt wie folgt erklären: Bei Kreuzungen zweier Arten entstehen Mischlinge. Kreuzt man diese (Tochtergeneration), treten bei deren Nachkommen (Enkelgeneration) wieder Merkmale der Elterngeneration auf. „Bei diesen Neukombinationen werden aber gut aufeinander abgestimmte Gengruppen der Elternarten auseinander gerissen“, erklärt Berthold Heinze.

Weniger Neukombinationen als gedacht

Mit Methoden, die auch den Erbteil der Neanderthaler in uns Menschen erforschen halfen, konnte gezeigt werden, dass es nur relativ wenige „Rückkreuzungen“ und Hybriden in weiteren Generationen gibt – die Chromosomen der Eltern bleiben in den Nachkommen weitgehend intakt. Man würde erwarten, dass sie sich bei fortlaufender Weitervermehrung in immer kleinere Segmente unterteilen, die neu zu gemischten Chromosomen mit Genen aus beiden Ausgangsarten kombiniert werden. Belege dafür wurden aber in der Studie viel seltener gefunden, als man annehmen würde.

Zusammenspiel der Gengruppen relevant

Irgendein Mechanismus muss also die fortlaufende Vermischung verhindern. Da kaum bestimmte Chromosomenabschnitte „dingfest“ gemacht werden konnten, die dafür in besonderem Maß verantwortlich scheinen, muss die Erklärung wahrscheinlich im Zusammenspiel der Genvarianten liegen: Viele Lebensvorgänge funktionieren demnach einfach „besser“, wenn die Gene gut aufeinander abgestimmt sind. Das funktioniert in den Hybriden der ersten Generation oft sehr gut, weil sie praktisch zwei vollständige „Sets“ haben. Durch die Mendelsche Neukombination jedoch werden diese in späteren Generationen auseinander gerissen, und der Überlebensvorteil der guten Gen-Abstimmung ist dahin.

Literatur

Christe, C., Stölting, K.N., Bresadola, L., Fussi, B., Heinze, B., Wegmann, D., and Lexer, C. (2016). Selection against recombinant hybrids maintains reproductive isolation in hybridizing Populus species despite F1 fertility and recurrent gene flow. Molecular Ecology 25(11): 2482-2498.
Download des Fachartikels (Englisch)