Tatzber ermittelt: Quecksilber
Mithilfe des Bioindikatornetzes können wir seit 1983 das Vorkommen von Quecksilber in Nadeln messen, auch bei akuten Spitzenbelastungen. Mit einer neu entwickelten Methode des Chemikers Michael Tatzber sind nun auch Analysen zeitlich weit zurückliegender Immissionen möglich – dank der langen Lebensdauer von Bäumen.
Quecksilber ist ein Schwermetall, das für Menschen und Tiere giftig ist. Wald bzw. Bäume können es über lange Zeiträume speichern. Im Holz ist Quecksilber verglichen mit Nadeln bzw. Blättern und Rinde zwar in sehr geringen Konzentrationen vorhanden. Relevant sind sie dennoch, weil Holz insgesamt einen großen Anteil an der Biomasse einnimmt.
Neu: Messung in Jahrringen
Michael Tatzber vom Institut für Waldschutz hat nun eine neue Methode zur Messung von Quecksilber in einzelnen Jahrringen von Stammscheiben entwickelt. „Die Beprobung der einzelnen Jahrringe in jeweils vier verschiedenen Quadranten ermöglichte eine detailliertere Darstellung der Ergebnisse sowie eine Verbesserung der Messgenauigkeit“, sagt er über sein Verfahren. Es wird vermutet, dass Unregelmäßigkeiten durch Änderungen der Bedingungen in direkter Umgebung eines Baumes im Laufe der Jahre, wie zum Beispiel die Vegetation, zustande kommen können. „Jedenfalls ermöglicht diese Vorgangsweise, gleichmäßige und plausible Verläufe von Quecksilberkonzentrationen in Stammscheiben über lange Zeiträume zu erhalten, auch wenn man einzelne Jahre beprobt“, erklärt Michael Tatzber. Diese Methode eignet sich auch für die Analyse der Belastung aus historischen Emissionsquellen, die über Blatt- bzw. Nadelanalysen aus dem Bioindikatornetz nicht bestimmt werden konnten.
Wichtiger Anhaltspunkt für Messungen
Das Bioindikatornetz ist ein österreichweites Monitoringnetzwerk, das die Luftverschmutzung am Wald überwacht. Es liefert wertvolle Hinweise für die Identifikation von Standorten für Quecksilberbestimmungen wie etwa die Primäreisenproduktion Donawitz. Höhere Quecksilberbelastungen sind auch bei der früheren Chloralkalielektrolyse bei Hallein zu erwarten, ebenso im westlichen Niederösterreich um Amstetten, im Grazer Becken sowie im Gebiet um Kirchbichl und Eiberg im Bezirk Kufstein. Auch das Amt der Tiroler Landesregierung übermittelte drei Stammscheiben, die aus der Umgebung einer Kupferrecyclinganlage in Brixlegg stammten. Während das Österreichische Bioindikatornetz hier einen Unfall mit extremen Quecksilberemissionen im Jahr 2015 in den stark erhöhten Gehalten in den Nadeln deutlich feststellte, wurde dies in den Jahrringen aus 2015 und 2016 höchstens angedeutet. Jahrring-Analysen erkennen somit langfristige Änderungen besser als kurzfristige, hohe Konzentrationsänderungen in der umgebenden Atmosphäre.
Überraschend: Weit zurückliegende Belastungen
Die Werte einer Stammscheibe aus Brixlegg, die weit in das 19. Jahrhundert zurückreichte, waren sehr überraschend: Dort wurden im Jahrring von 1813 die bisher bei Weitem höchsten Quecksilbergehalte in Jahrringen aus Österreich gemessen – und das vor dem Beginn des industriellen Zeitalters in Österreich. Eine mögliche Erklärung dafür ist die lange Bergbau- und Verhüttungstradition von Silber-und Kupfererzen in der Gegend um Schwaz und Brixlegg, wo entweder die verhütteten Erze extrem quecksilberhaltig waren oder Methoden zum Einsatz kamen, die hohe Mengen von Quecksilberdämpfen freisetzten.
Messungen im urbanen Raum
Selten sind in der internationalen Literatur Daten über Quecksilberbestimmungen in Jahresringen aus urbanen Gebieten zu finden. Die Analyse einer Stammscheibe vom Rosenhügel in Wien ergab, dass städtische Gegenden durchaus leicht erhöhte Quecksilbergehalte zeigen können. Gründe dafür können zum Beispiel in räumlicher Nähe befindliche Müllverbrennungsanlagen sein, sowie das Verheizen von Kohle. Nun geht man auch im Rahmen des Projektes „Quecksilber in Jahresringen von Bäumen aus Wien“ im Stadtbereich in die Tiefe. Das durch den Hochschuljubiläumsfonds der Stadt Wien finanzierte Vorhaben nimmt sich zum Ziel, vier Orte im Wiener Stadtgebiet mit der neuen Methode von Michael Tatzber zu untersuchen. Bisher konnten Stammscheiben aus Döbling, vom Wolfersberg in Penzing, aus der Gegend Lobau sowie aus Speising in Hietzing geworben werden.
Weiterführende Links
Österreichisches Bioindikatornetz
Download einer Publikation über die Methode und ihrer Anwendung in Österreich
Umsetzung des Minamata Übereinkommens über Quecksilber in Österreich