Über Waldböden, die nicht im Lehrbuch stehen
Das Bildungshaus St. Arbogast (Götzis/Vorarlberg) beherbergte Ende Oktober rund 80 namhafte Expert:innen aus dem deutschsprachigem Raum, die sich mit Waldboden im Klimawandel beschäftigen.
Die im Rahmen des EU-Interreg Projekts Winalp21 gemeinsam mit der Aktion „Boden des Jahres – Der Waldboden“ veranstaltete Tagung ermöglichte einen intensiven Austausch rund um die Themen „Waldboden“ und „Dynamische Waldtypisierung“, Darstellung eines sich verändernden Wasserhaushaltes, klimafitte Waldbewirtschaftung uvm. Im Zentrum der Diskussion: Wie kann praxisnahes Wissen über Waldböden im Klimawandel vermittelt werden?
Die dreitägige Veranstaltung gliederte sich in einen Fachteil mit Vorträgen von Bodenexpert:innen und eine anschließenden Diskussionsrunde. In den darauffolgenden Exkursionen in Vorarlberg, Bayern und Baden-Württemberg analysierte man repräsentative Waldboden-Profile nach den länderspezifischen Bodensystematiken KA6 (Bodenkundliche Kartieranleitung) und ÖBS (Österreichische Bodensystematik). Nähere Informationen zu den beleuchteten Waldbodentypen finden sich in den beigefügten Exkursionsführern (Vorarlberg, Bayern, Baden-Württemberg).
Eckdaten zum Projektgebiet Vorarlberg
Das Land Vorarlberg weist eine Bewaldung von 38,1 % auf. Allen voran steht die Baumart Fichte, mit Abstand folgen Buche und Tanne. Derzeit wird in dieser Region rund um den Bodensee (Nördliche Randalpen) an der Erstellung von Bodenkarten gearbeitet. Sie sind eine wesentliche Grundlage für für eine klimafitte Waldbewirtschaftung. Bei den Klimamodellen für das Projektgebiet stellte man fest, dass sich künftig der Jahresniederschlag wenig verändern wird. Zunehmen werden jedoch die Lufttemperatur, die Sommertrockenheit durch höhere Verdunstung und häufigere Extreme wie Hitzetage oder Starkniederschläge. Die Landesforstdirektion mit Andreas Amann setzt vor allem auf eine klimafitte Waldbewirtschaftung auf Basis der Vorarlberger Waldstrategie 2030+ mit Fokus auf den Waldboden. Wald klimafit zu machen und die Ökosystemleistungen des Waldes (Wirtschaft, Schutz, Vielfalt und Erholung) zu gewährleisten, stellen wesentliche Ziele des Bundeslandes dar.
Gebündeltes Wissen im deutschsprachigen Raum
Ein Projektteam von Winalp21 ist auf den Wandel des Wärme- und Wasserhaushalts im Wald des alpinen Raumes fokussiert. Die im Zuge der dynamischen Waldtypisierung entwickelten Modelle ermöglichen eine Einschätzung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldstandorte. Zentral dabei ist der Waldboden als wichtiger Wasserspeicher, der bei der Entstehung von Naturgefahren eine wesentliche Rolle spielt. Passend dazu wurden Ergebnisse aus einem Experiment in Achenkirch (Tirol) vorgestellt, demzufolge trotz Erwärmung der organische Kohlenstoff im Boden bislang nicht abgebaut wird. Darüber hinaus wurde berichtet, dass das Kompetenzzentrum Boden in der Schweiz Wissen an Hand von Bodenkarten vermittelt.
Zudem stellten die Forstlichen Versuchsanstalten Bayern (LWF) und Baden-Württemberg (FVA) die landeseigene waldökologische Standortkartierung und ihre Bedeutung für die klimafitte Waldbewirtschaftung im Projektgebiet vor. Im Zuge der Veranstaltung wurde auch die Bodenzustandserhebung, kurz BZE3, die aktuell zwischen 2022-2024 deutschlandweit 1800 Aufnahmepunkte in Form von Boden- und Pflanzenproben erfasst und somit den Zustand und die Trends in den Wäldern aufzeigt, thematisiert. Sie ist die Grundlage für Beratung, Entscheidungen und die Berichtspflichten in Deutschland. Erste Ergebnisse werden ab 2025 erwartet.
Zitate
„Als gesund würde ich einen Waldboden bezeichnen, wenn er seine wesentlichen Ökosystemleistungen für den Menschen erfüllt. Das Beispiel der Walderschließung mit Forstwegen, Rückegassen und Seillinien zeigt, dass Forstwirtschaft nicht frei von Zielkonflikten ist.
Die Vielfalt von Böden – unterschiedliche Waldböden an unterschiedlichen Standorten erbringen unterschiedliche Leistungen – durchzudeklinieren ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für gut ausgebildete Fachleute. Die Produkte aus WINALP 21 helfen dem Waldbau, die unterschiedlichen Interessen angemessen auszubalancieren.“ Winalp21-Projektleiter Jörg Ewald von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
„60 % aller Böden gelten laut EU-Definition als nicht gesund. Ich kann nicht beweisen, dass es nicht so ist. Es geht um die Weichheit dieses Begriffs, der stark instrumentalisiert wird. Gesundheit ist ein vom Menschen geprägter Begriff. Man sollte etwas wertneutraler über Bodenwirkungen sprechen.“ Waldbodenexperte Michael Englisch vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW).
Winalp21-Projektinformationen und Informationen über das Jahr des Bodens „Waldboden“
https://www.hswt.de/forschung/projekt/1929-winalp-21
https://www.bfw.gv.at/pressemeldungen/boden-des-jahres-waldboden/
Präsentationen
Klima und Klimawandel in Westösterreich – Dr. Fabian Lehner, BOKU
Exkursionsführer Erlebsberg, Bayern
Exkursionsführer Baden-Wüttemberg
Presserückfragen: Marianne Schreck, marianne.schreck@bfw.gv.at, 0664/961 52 40
Rückfragen zum Projekt Winalp21: Prof. Dr. Jörg Ewald, joerg.ewald@hswt.de, 0049/8161/71 5900
Fotonachweis: M.Schreck/BFW