Skip to content
CLICK TO ENTER

Wieviel Wasser kommt den Hang herunter?

Der Klimawandel führt zu intensiveren Starkniederschlägen, die dadurch verursachten Schäden nehmen zu, vermehrt auch durch Hangwasser fernab von Gerinnen.

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, ist die Identifizierung gefährdeter Gebiete wichtig, indem der Oberflächenabfluss modelliert wird. Allerdings werden dafür flächendeckende Informationen zu relevanten bodenhydrologischen Eigenschaften benötigt, die bisher in Oberösterreich nicht verfügbar waren. Das Projekt HydroBOD-OÖ hat solche Unterlagen nun erstmals flächendeckend für das Bundesland im regionalen Maßstab erstellt.

Grundsätzlich werden Schadensereignisse durch die Kombination von Starkniederschlag und unzureichender Versickerung des Niederschlags in den Boden verursacht. Die räumliche Verteilung relevanter Faktoren wie Bodeneigenschaften, geologisches Substrat und Landnutzung beeinflussen die Prozesse der Abflussbildung maßgeblich. Bisher waren solche Informationen für Oberösterreich nicht verfügbar. Aus diesem Grund beauftragte das Land Oberösterreich in Kooperation mit der Wildbach- und Lawinenverbauung (Sektion Oberösterreich) das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und das Bundesamt für Wasserwirtschaft (BAW) mit der Erstellung. Das BAW bearbeitete primär die landwirtschaftlich genutzten Bereiche und den Siedlungsraum, während sich das BFW auf die bewaldeten Bereiche und waldfreien Hochlagen konzentrierte.

Achtung, fertig, los…

Projekt-Workflow: Die einzelnen Bereiche wurden bis zur Modellierung mit dem HydroBOD-Modell getrennt bearbeitet

In einem ersten (umfangreichen) Schritt wurden die verfügbaren Datengrundlagen hinsichtlich ihrer Flächendeckung, Homogenität und Relevanz für die Projektziele analysiert, dokumentiert und bewertet. Daraus kristallisierten sich vier Arbeitsbereiche heraus, die sich untereinander hinsichtlich der Qualität und Verfügbarkeit von Datengrundlagen unterschieden. Für die optimale Nutzung der Informationen wurden unterschiedliche methodische Ansätze gewählt, ihre Bearbeitung erfolgte dementsprechend zunächst getrennt.
Zu den bestehenden Daten wurden im Rahmen des Projektes zusätzlich Proben an 100 Bodenprofilen geworben und im Labor analysiert.

Aktuelle Landnutzungskarte

Ein Produkt ist eine präzise Landnutzungskarte, die auf Basis der digitalen Katastralmappe (DKM), von INVEKOS (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem der Agrarpolitik), der ÖWK (österreichische Waldkarte) und zusätzlicher Informationen zu Siedlungsräumen erstellt wurde. Sie ist eine wichtige Grundlage für die Ermittlung flächendeckender, hydrologischer Bodenkennwerte.

Landnutzungskarte von Oberösterreich

Wie kommt man vom Bodenprofil zur flächendeckenden Karte?

Um flächendeckende Informationen aus räumlich begrenzten Daten (typischerweise Punktdaten) abzuleiten, stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung. Während für den landwirtschaftlichen Bereich dank der Bodendatenbank (eBod) nur Lücken mittels Nearest-Neighbour-Algorithmus geschlossen werden mussten, wurde im bewaldeten Bereich und den Hochlagen ein auf maschinellem Lernen basierter Ansatz (Random Forest) verwendet. Dieser verknüpft Punktinformationen mit unabhängigen Faktoren wie z.B. topographischen Daten, Klimadaten oder Geologie mit den punktuell verfügbaren Informationen. Durch die Kombination der Daten und Faktoren wurde ein angepasstes Modell erstellt, das die benötigten Bodeninformationen flächendeckend bestmöglich abschätzt. Die Beurteilung der Qualität ist über statistische Kennwerte möglich.

Beispiel regionalisierte Bodenmächtigkeit: Häufigkeiten von Kalibrierungs- und Validierungsdatensatz, statistische Kennwerte und Produkt (Bodenmächtigkeiten: Waldflächen und Hochlagen)

Ergebnisse

Für Oberösterreich wurden flächendeckend Informationen zur Bodenart, dem Skelettgehalt, der Bodenmächtigkeit, der Lagerungsdichte, dem Gehalt organischer Substanz sowie Kenngrößen zur Porengrößenverteilung und davon abhängigen Parametern wie etwa der nutzbaren Feldkapazität generiert. Auf dieser Basis erfolgte mittels Pedotransferfunktionen die Abschätzung bodenhydrologischer Kennwerte (Wasserspeicherfähigkeit, hydraulische Leitfähigkeit), welche die Eingangsdaten für das HydroBOD-Modell sind.

Dominanter Abflussprozess und Infiltration

Grundsätzlich gibt es verschiedene Ansätze zur Abschätzung des Abflusses, die von einfachen, konzeptionellen Methoden bis hin zu komplexen, physikalisch basierten Prozessmodellen reichen. Einer davon ist der HydroBOD-Ansatz von Klebinder et al. (2012) und Sotier et al. (2017), der bereits in Niederösterreich angewendet und nun für Oberösterreich adaptiert wurde. Mit diesem Ansatz wurden Karten zu dominanten Abflussprozessen und Infiltrationskapazitäten für das Bemessungsereignis (100-jährlicher Niederschlag einstündiger Dauer) erstellt. Es wurden drei definierte Systemzustände der Vorfeuchte modelliert, jeweils mit oder ohne Verschlämmungsneigung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen (Äcker).

Die sechs definierten Szenarien der Systemzustände, für die der dominante Abflussprozess und der Abflusskoeffizient mit dem HydroBOD-Modell für das Bemessungsereignis flächendeckend ermittelt wurden

Im Vergleich der Szenarien zeigte sich, dass die Verschlämmung großen Einfluss auf das Auftreten von Oberflächenabfluss hat, während die Vorfeuchte bei intensiven, kurzzeitigen Regenereignissen deutlich weniger relevant ist.

Vergleich Oberflächenabfluss ohne / mit Verschlämmung bei wassergesättigten Böden

Und wie passt‘s?

Die Evaluierung der Modellergebnisse wurde anhand von Vergleichen mit verfügbaren Ergebnissen aus Beregnungsversuchen des BFW vorgenommen. Ein limitierender Faktor der Modellierung war insbesondere im Bereich Wald und Hochlagen die „bescheidene“ Datengrundlage. Trotzdem lagen die Ergebnisse der Modellierung in der Mehrzahl der Vergleichspunkte im Bereich der bei den Begegnungen ermittelten Abflussbeiwerte. Die teilweise beobachteten, starken Abweichungen waren auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen. Es gab Nutzungswechsel und damit verbundene Änderungen des Abflussverhaltens. Aber auch Lageungenauigkeiten der Beregnungspunkte (die ja eigentlich auch Flächen mit ca. 50 m² sind) bzw. Unschärfen aufgrund der Modellauflösung führten immer wieder zu erheblichen Differenzen zwischen Beregnungsversuch und Modellergebnis.

Vergleich: Abflusskoeffizient Beregnung und mittels Modellierung ermittelter Wert. Diese stimmen annähernd überein
Vergleich: Abflusskoeffizient Beregnung direkt am Punkt stimmt nicht überein, wenige Meter aber weitgehend schon. Hier haben die Lagegenauigkeit und/ oder die Grenzen der Modellauflösung Einfluss auf den Vergleich